Mohammed-Karikaturenstreit flammt wieder auf

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In Kopenhagens Vorstädten brennen Autos, in Pakistan Fahnen. Tausende protestieren in Gaza.

KOPENHAGEN. Brennende Fahnen vor dänischen Botschaften, brennende Autos in dänischen Städten – das sonst so friedliche Land ist wieder Lieferant dramatischer Fernsehbilder. Und wie vor zwei Jahren sind Mohammed-Karikaturen zumindest vordergründig der Anlass dafür. Nach einem angeblichen Mordkomplott gegen einen Zeichner haben die meisten dänischen Zeitungen die Zeichnungen nachgedruckt, die viele Moslems für blasphemisch halten.

Jetzt fürchten die Dänen, dass der Zorn radikaler Islamisten sich wieder wie ein Steppenbrand ausbreitet. Das Außenamt mahnt Touristen zu Vorsicht. Dänischen Konzernen graut vor einem Boykott. Doch islamische Verbände versuchen, die Gemüter zu beruhigen. Vor zwei Jahren hatten Imame stark zur Eskalation beigetragen.

Noch fielen die Reaktionen vergleichsweise verhalten aus. In Pakistan verbrannten ein paar Dutzend Fanatiker dänische Fahnen. Im Gaza-Streifen gingen zwar 4000 Hamas-Anhänger auf die Straße, doch ihr Zorn wirkt gezügelt: Sie fordern nicht den Kopf des Karikaturisten, nur eine rechtsstaatliche Anklage und eine offizielle Entschuldigung. Es deutet also wenig darauf hin, dass die antidänische Stimmung überkocht. Allerdings vergingen im ersten Akt der Krise auch vier Monate von der Publikation in „Jyllands-Posten“ bis zu den Massenprotesten von Beirut bis Teheran. Niemand kann wissen, welche Machthaber ein Interesse daran haben könnten, den Volkszorn aufs ferne Dänemark zu richten.

Dort gibt die erneute Publikation der Karikaturen Jugendlichen einen willkommenen Vorwand für Randale. In der Nacht auf Freitag wurden in mehreren Städten Autos und Müllbehälter abgefackelt, in einer Kopenhagener Vorstadt eine Schule niedergebrannt. Manche Brandstifter nennen ihre Wut über die „Beleidigung des Propheten“ als Motiv. Doch die Unruhen begannen schon vor dem Wiederaufflammen der Krise und hatten ursprünglich mehr mit dem Kampf um den Haschischhandel und dem Zorn jugendlicher Einwanderer-Cliquen gegen die verschärften Polizeikontrollen ihrer Wohnviertel zu tun.

Umstrittene Terrorgesetze

Die Mohammed-Affäre war zusätzliche Munition für die Konfrontation, und zwar weniger wegen der Zeichnungen als wegen der Folgen, die das angebliche Mordkomplott für zwei der drei Verdächtigen bekam. Für einen Prozess reichen die Beweise der Polizei nicht, doch die beiden aus Tunesien stammenden Männer sollen ausgewiesen werden, und zwar nach den Paragrafen der neuen Terrorgesetze und ohne Prüfung durch einen Richter. Nun fürchten viele Einwanderer, dass dies auch ihnen drohen könnte. Selbst Integrationsministerin Birthe Rønn Hornbech hält diese Vorgangsweise für problematisch, doch eine Änderung der Terrorgesetze schließt die Regierung aus.

AUF EINEN BLICK

Karikaturenstreit, 2. Teil: Der neuerliche Abdruck der Mohammed-Karikaturen in dänischen Zeitungen heizt die Randale junger Immigranten an. Ihr ursprünglicher Anlass waren verschärfte Polizeikontrollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2008)

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