Malaysia: Ein absehbarer Denkzettel für die Autokraten

(c) Reuters (Tim Chong)
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Bei der Parlamentswahl am Wochenende erlitt das seit Ewigkeiten regierende nationale Bündnis ein ungewohntes Debakel. Die Islamisten legten stark zu.

KUALA LUMPUR/BANGKOK. Für das 25-Millionen-Land in Südostasien ist's ein Erdbeben: Die von Premier Abdullah Badawi geführte Koalition, deren wichtigste Kraft die „Vereinigte Malaysische National-Organisation“ (Umno) ist, hat bei der Parlamentswahl am Wochenende die schwerste Schlappe ihrer Geschichte erlitten. Erstmals seit 1969 hat sie, die seit der Unabhängigkeit Malaysias von Großbritannien vor 51 Jahren das Land mehr oder weniger im Alleingang beherrscht, nicht mehr die Zweidrittelmehrheit inne.

Von 222 Parlamentssitzen hält die „Nationale Front“ nur noch 139. Das sind zwar weiter gut 62 Prozent, doch hatte die Koalition zuvor 90 Prozent des Parlaments kontrolliert und nach Belieben Verfassungsänderungen beschlossen und Machtpositionen besetzt. Ein von Islamisten dominiertes Oppositionsbündnis verbesserte sich, getragen vom Unmut über steigende Lebenshaltungskosten, von 19 auf 82 Sitze. In fünf der 13 Bundesstaaten besiegte es die Unmo.

Minderheiten benachteiligt

Dass diese nun nicht mehr faktische Alleinherrscherin im Vielvölkerstaat ist (60 Prozent sind muslimische Malaien, ein Drittel Chinesen, Inder und Pakistani, dazu Vietnamesen, Kambodschaner, Thai, Briten, Portugiesen und Ureinwohner), sehen viele mit Wohlgefallen. Die allmächtige Unmo hatte die Ethnien gegeneinander ausgespielt, etwa indem sie Malaien gegenüber Chinesen und Indern bei der Vergabe von Geld, Jobs und Studienplätzen stark bevorzugte. Sie pflegte Korruption und Vetternwirtschaft, ließ Kritiker verhaften und einschüchtern. Und sie verbot Demonstrationen, weil sie die öffentliche Ordnung stören würden.

Weite Teile des Volkes wollten sich den autokratischen Stil nicht mehr bieten lassen. Damit bekommt die Opposition nun eine laute Stimme. Das Wahlergebnis ist zugleich ein Rückschlag für Premier Badawi, der noch bei der Wahl 2004 der Liebling der Massen war und der islamistischen PAS Wähler abspenstig machte.

Dabei ist die Krise der Regierungskoalition hausgemacht: Bei seinem Amtsantritt hatte Badawi versprochen, mit der Korruption aufzuräumen und für Gerechtigkeit zu sorgen. Hätte er seine Versprechen gehalten, wäre seiner Regierung dieser Denkzettel erspart geblieben. Doch die jahrzehntelange Macht hat die Unmo korrumpiert. Arrogant setzte sie sich über Bedürfnisse der Minderheiten und kritische Stimmen hinweg. Der Wahlausgang ist Indiz für die Unzufriedenheit im Land.

Trumpf noch nicht ausgespielt

Wenn die Opposition sich nicht gegenseitig zerfleischt, wird sie gute Chancen haben, ihre Macht weiter auszubauen. Zumal ihre wichtigste Trumpfkarte bei der Wahl nicht ausgespielt werden konnte: Sie lautet Anwar Ibrahim. Der unter Abdullahs Vorgänger Mahathir wegen angeblicher Korruption verurteilte Politiker ist bis April von der politischen Bühne verbannt. Beim nächsten Urnengang wird Malaysias populärster Oppositioneller aber antreten dürfen. Als Kandidat der „Gerechtigkeitspartei” könnte er ein harter Gegner für die angeschlagene Regierungsspitze sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2008)

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