Simbabwe: Opposition reklamiert „historischen Wahlsieg“

(c) EPA (Kim Ludbrook)
  • Drucken

Präsident Robert Mugabe sieht sich ebenfalls als Sieger und warnt vor einem „Putschversuch“ durch die Opposition.

KapstadT/HARARE. Das geschundene Simbabwe befindet sich am Scheideweg: Während die oppositionelle MDC (Bewegung für demokratischen Wandel) von Morgan Tsvangirai am Sonntag bereits einen „erdrutschartigen Wahlsieg” feierte, wartete das afrikanische Land auf die Bekanntgabe der offiziellen Resultate – und die Reaktion des seit 1980 regierenden Robert Mugabe. Wahlbeobachter und Opposition warfen der regierenden Zanu-PF Wahlbetrug vor.

Mugabe (84) hatte nach der Stimmabgabe vor laufenden Kameras erklärt, er werde selbstverständlich das Wahlresultat anerkennen: „Mein Gewissen würde mich nachts nicht mehr schlafen lassen, wenn ich Wahlbetrug verübt hätte.“ Aber gleichzeitig zeigte sich er sich absolut siegessicher und schloss auch eine Stichwahl am 19. April aus. Ein zweiter Urnengang wäre eine Neuheit in der 28-jährigen Geschichte Simbabwes – bisher gewann Mugabes Zanu-PF jede Wahl, allerdings meist unter dubiosen Umständen.

MDC-Sprecher Roy Bennett sprach am Sonntag von einem historischen Sieg seiner Partei. Er sagte voraus, dass Tsvangirai zwischen 55 und 65 Prozent der Stimmen bei der Präsidentschaftswahl und seine Partei eine überwältigende Mehrheit der Parlamentssitze gewinnen würde. Bennett, Schatzmeister der MDC, verwies vor allem auf drei Ergebnisse in Zanu-Hochburgen, in denen seine Partei bisher nie auch nur annähernd gewinnen konnte. MDC-Kandidaten hätten Mugabes Heimatwahlkreis Zcimba deutlich gewonnen, ferner Bindura, wo der berüchtigte Sicherheitsminister Manyina seinen Parlamentssitz verlor; und sogar den Wahlkreis von Vizepräsidentin Joyce Mujuru.

„Genug von der Diktatur“

Am Wahltag waren 100.000 Simbabwer bereits vor dem Morgengrauen vor den Wahllokalen erschienen. Es herrschte erstmals seit Jahren eine angstfreie, vielfach fröhliche Atmosphäre. Der Tenor war eindeutig: „Chinja!“ riefen viele Wähler, „wir wollen Wandel“. Manche zogen rote Karten aus ihren Taschen – Mugabe sei nunmehr des Feldes verwiesen worden, wegen wiederholten Fouls. In Bulawayo, der zweitgrößten Stadt des Landes, rief ein barfüßiger Arbeitsloser Reportern zu: „Das Volk hat endgültig genug von dieser Diktatur. Wir haben alle Hunger.“ Eine Hausangestellte fügte hinzu: „Wir leiden. Dies ist der Tag, auf den wir gewartet haben.“

Es war eindeutig: Die Furcht vor der Obrigkeit scheint schwächer als die Furcht, weitere fünf Jahre unter dem Joch des Hungers und der Armut darben zu müssen. Ein Journalist beschrieb beispielsweise, wie ein Polizist einer Gruppe von MDC-Anhängern in einer Kleinstadt befahl, sich zu zerstreuen. Aber ein Mann brüllte zurück: „Ich bin am Verhungern, ich habe nichts mehr. Du kannst mir nichts antun.“ Der Polizist erschrak – und zog von dannen.

Die Wirtschaft Simbabwes befindet sich seit acht Jahren im freien Fall. Bei einer Inflationsrate von etwa 150.000 Prozent – eine weitere Verdoppelung wird bis zur Jahresmitte erwartet – können sich die meisten Bürger nicht einmal mehr ernähren, und das in einem Land, dass früher Lebensmittel exportierte.

Nun ist die Frage, ob Mugabe das Wählerurteil akzeptieren wird. Seine Generäle hatten vor der Wahl klar gestellt, dass sie keinen anderen Oberbefehlshaber als ihn akzeptieren würden. Aber einen Militärputsch würde selbst der Mugabe wohlgesonnene SADC-Bund (Entwicklungsgemeinschaft der Länder im südlichen Afrika) nicht zulassen.

MIT EISERNER FAUST

Seit 1980 regiert in Simbabwe der Autokrat Robert Mugabe. Der 84-Jährige wollte sich nun für seine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Knapp sechs Millionen Bürger waren stimmberechtigt. Zugleich wurden 210 Parlamentsabgeordnete gewählt. [Reuters]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.03.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.