„Sarkozy will bei Bush als Good Boy gelten“

Frankreich bot ein zusätzliches Bataillon für Afghanistan an. Die einsame Entscheidung des Präsidenten ist aber umstritten.

PARIS. Populär ist die Entscheidung des französischen Präsidenten nicht. Nicolas Sarkozy bot beim Nato-Gipfel in Bukarest an, dass Frankreich in Afghanistan an der Seite der Verbündeten eine aktivere Rolle beim Kampf gegen den Terrorismus spielen will, wie dies die USA, Kanada und Großbritannien eindringlich gewünscht hatten. Sarkozy macht keinen Hehl daraus, dass er für eine vollumfängliche Rückkehr Frankreichs in die Nato ist. Er ist überzeugt, dass nur auf diese Weise auch eine Stärkung der europäischen Verteidigung zu erreichen ist.


Paris habe offiziell eine die Entsendung eines Bataillons nach Afghanistan angeboten, sagte ein Nato-Sprecher Mittwochabend. Laut französischen Militärquellen würde das bis zu 1000 Soldaten bedeuten. Gerüchteweise war aber auch von 1500 Mann die Rede, die Frankreich zur Entlastung der Partner schicken könnte.

Sarkozys Kurswechsel stößt nicht nur in der (fast traditionell antiamerikanischen) Linken, sondern auch in Kreisen konservativer Gaullisten auf Skepsis oder offene Ablehnung. Besonders umstritten ist die Entsendung von Soldaten in den afghanischen Krisenherd. Laut einer Umfrage sind 68 Prozent der Befragten gegen den von Präsident Sarkozy beschlossenen Ausbau des Kontingents von 1600 auf 2500 Mann, nur 15 Prozent begrüßen diese von der Nato gewünschte Verstärkung; die restlichen 17 Prozent haben keine Meinung.

"Kanonenfutter für US-Politik"

Das ist nicht der Fall bei den Angeordneten der linken Opposition, die seit Tagen vehement dagegen protestieren, "französische Soldaten zum Kanonenfutter der amerikanischen Politik" zu machen. Die Kritiker verlangen, dass die Volksvertretung bei einer so strategischen Kursänderung ein Wort mitzureden habe.

Selbst in den Reihen der Regierungspartei UMP hatte man sich daran gestoßen, dass der Präsident diese erhebliche Verstärkung des französischen Engagements in Afghanistan nicht in Paris, sondern ausgerechnet vor dem britischen Unterhaus offiziell ankündigte. Um diesen Groll etwas zu besänftigen, gestand der Präsident den beiden Pariser Parlamentskammern schließlich je eine einstündige Aussprache ohne Abstimmung zu. Damit es nicht bei einer demokratischen Alibiübung bleibt, machen die oppositionellen Sozialisten mit einem Misstrauensantrag eine Prinzipienfrage daraus.

Für Jean-Marc Ayrault, den Sprecher der Sozialisten, ist Sarkozys Beschluss nicht nur ein "Affront für die Volksvertreter", sondern auch eine überstürzte Initiative: "Da keine Einschätzung und Bilanz (der Aktion in Afghanistan) gemacht wurde, handelt es sich um eine völlige improvisierte Flucht nach vorne." Sarkozy wolle bei seinem Freund Bush als Good Boy gelten. "Doch unser Land hat eigene Werte zu verteidigen. Mit der Ablehnung des Kriegs im Irak hatte Frankreich Recht und erntete Respekt. Jetzt rennt Sarkozy (den USA) hinterher."

Mitsprache nicht vorgesehen

Ayrault erinnert den heutigen Staatschef daran, dass er als Präsidentschaftskandidat gesagt hatte, die Präsenz französischer Soldaten in Afghanistan scheine ihm langfristig nicht sinnvoll. Wenn er jetzt Frankreich wesentlich stärker in einen Krieg hineinziehe, über dessen Ziele und Methoden nie diskutiert wurde, sei dies zumindest eine wesentliche Wende, über die eine öffentliche Debatte stattfinden müsse.

Eine solche parlamentarische Mitsprache ist in der Verfassung nicht vorgesehen. Zu den wichtigsten Reformvorschlägen einer von Sarkozy eingesetzten und von Ex-Premierminister Edouard Balladur geleiteten Kommission für mehr Demokratie und Transparenz gehört aber die Idee, dass jeder Truppeneinsatz von mehr als sechs Monaten Dauer dem Parlament vorgelegt werden müsse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.04.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.