Tote bei Angriff auf Separatisten in Ostukraine

UKRAINE CRISIS
UKRAINE CRISISAPA/EPA/ROMAN PILIPEY
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Die Offensive der Regierungstruppen läuft aber nicht wie geplant. Zwei Hubschrauber werden abgeschossen. Auch die Separatisten beklagen Opfer. Moskau sieht letzte Chance für diplomatische Lösung vertan.

Neue Gewalt in der Ostukraine: Die ukrainische Armee hat am Freitag Stellungen der prorussischen Separatisten nahe der Großstadt Slawjansk angegriffen. Dabei habe es "mehrere Tote" in den Reihen der Separatisten gegeben, sagte ein Aktivistensprecher am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Schon in den vergangenen Wochen hatte es bei ähnlichen Militäreinsätzen gegen Separatisten in der Region Tote und Verletzte gegeben.

Auf der anderen Seite erklärte das ukrainische Verteidigungsministerium, "Terroristen" hätten mit tragbaren Flugabwehrraketen zwei Kampfhubschrauber vom Typ Mi-24 abgeschossen. Dabei seien zwei Besatzungsmitglieder getötet und weitere verletzt worden. Später seien vier mutmaßliche Schützen festgenommen worden. Das Ministerium veröffentlichte Fotos von vier gefesselten Männern in Zivilkleidung mit über den Kopf gestülpten Säcken.

Die Offensive geht aber nicht "nicht so schnell voran wie wir uns das wünschen", räumte Übergangspräsident Alexander Turtschinow am Freitag einer Mitteilung zufolge ein.   Grund sei, dass die "Terroristen" sich in bewohnten Gebieten verschanzten und Zivilisten als Schutzschilde missbrauchten. Die Einsatzkräfte hätten aber alle Stellungen um die Stadt herum in ihre Gewalt gebracht und dem Gegner "schwere Verluste" zugefügt, behauptete Turtschinow. Auf eigener Seite seien zwei Soldaten getötet und sieben verletzt worden.

Putin: "Letzte Hoffnung auf diplomatische Lösung zerstört"

Kremlchef Wladimir Putin warf Kiew vor, mit der Aktion die "letzte Hoffnung" auf eine diplomatische Lösung zu zerstören. Die Führung in Kiew habe in den Kampfmodus geschaltet und greife friedliche Siedlungen an, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow laut russischen Agenturen. Er sprach von einer "Strafaktion" der Regierungstruppen.

Das russische Außenministerium gab den USA und der EU eine Mitschuld an der Eskalation. "Indem sie die Organisatoren des Regierungsumsturzes in Kiew in ihrer Linie einer gewaltsamen Niederschlagung der Proteste unterstützt haben, haben sich USA und EU große Verantwortung aufgeladen", teilte das Außenamt in Moskau mit. Damit werde eine friedliche Krisenlösung immer unwahrscheinlicher. "Wir fordern den Westen mit Nachdruck auf, seine destruktive Politik (...) zu beenden."

Die Europäische Union forderte ihrerseits eine "Deeskalation". "Wir verfolgen die Lage in der Ostukraine mit zunehmender Besorgnis", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die EU fordere "so rasch wie möglich" eine Umsetzung des Genfer Abkommens, das unter anderem eine Räumung besetzter Gebäude und eine Entwaffnung militanter Gruppen vorsieht.

"Geiseln an sicheren Or tgebracht"

In Slawjansk hält die "Volksmiliz" seit einer Woche mehrere Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fest, darunter drei Bundeswehr-Soldaten und einen deutschen Dolmetscher. Die Geiseln seien an einen "sicheren Ort außerhalb der Kampfzone gebracht" worden, sagte Milizenführer Wjatscheslaw Ponomarjow "bild.de". Der Angriff habe alle Gespräche über einen eventuellen Austausch gegen gefangene Gesinnungsgenossen "zunichtegemacht", wurde Ponomarjow später von Ria Nowosti zitiert.

Westliche Behörden hatten am Freitag direkten Kontakt zu den OSZE-Männern. Dies teilte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin mit, ohne genauere Angaben dazu. Beinahe zeitgleich versicherte das dänische Militär, dass es den Festgehaltenen den Umständen entsprechend gut gehe. Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erklärte dennoch: "Ich bin in großer Sorge um die in Slawjansk festgehaltenen OSZE-Inspekteure."

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier und der Schweizer Bundespräsident Didier Burkhalter forderten bei einem Treffen in Bern die bedingungslose Freilassung des OSZE-Teams. Bei einem späteren Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte Steinmeier, die Verhandlungen über die OSZE-Militärbeobachter seien "in einer sehr sensiblen Phase". Die Geiselfrage müsse gelöst und parallel dazu an einer Umsetzung des Genfer Friedensplans gearbeitet werden.

Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow schrieb auf Facebook, dass Truppen der Armee, der Nationalgarde und des Innenministeriums bei den Städten Slawjansk und Kramatorsk eine "aktive Phase der Anti-Terror-Operation" begonnen hätten. Die Operation laufe wie geplant, behauptete er.

Nahe Slawjansk sagte ein Aktivistensprecher der dpa, die Regierungseinheiten hätten den Bahnhof eingenommen. Zuvor hatte Ponomarjow bereits den Verlust der Fernsehstation eingeräumt. Daneben hätten die Regierungstruppen lediglich einige Straßen in den Voorten unter ihre Kontrolle gebracht, berichteten die Aktivisten.

Die Führung in Kiew befürchtet, dass Putin seine Truppen in die Ost- und Südukraine einmarschieren lassen könnte - unter dem Vorwand, russische Bürger oder Interessen dort zu schützen. Ein Mandat für diesen Fall hatte sich der Präsident bereits vom Parlament geben lassen. Allerdings hatte er betont, er hoffe, von dieser Vollmacht nicht Gebrauch machen zu müssen.

Moskau hielt den Druck aufrecht: Sollte die Ukraine sich bis Ende Mai nicht mit Russland über die Bezahlung ihrer milliardenschweren Gas-Schulden geeinigt haben, drohen Lieferstopps, sagte Nowak. Die drei Seiten wollen sich Mitte und Ende Mai erneut treffen.

(APA/dpa/Reuters)

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