Ukraine: OSZE-Beobachter freigelassen

OSCE observer Schneider is escorted after being freed by pro-Russian separatists in the town of Slaviansk
OSCE observer Schneider is escorted after being freed by pro-Russian separatists in the town of SlavianskREUTERS
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Prorussische Separatisten hatten die Beobachter festgehaltenen. Die Gewalt in der Ukraine geht unterdessen weiter: Bei neuen Gefechten im Osten kamen am Samstag mehrere Menschen ums Leben.

Nach einer Woche bangen Hoffens kommt die erlösende Nachricht: Die seit gut einer Woche in Slawjansk in der Ostukraine von prorussischen Separatisten als Geiseln festgesetzten Militärbeobachter sind wieder frei. Das meldete am Samstag die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien. Die Beobachter kommen aus Deutschland, Dänemark, Polen und Tschechien. Sie wurden an einem Kontrollposten bei Slawjansk dem Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, übergeben. Jagland war mit dem russischen Sondergesandten Wladimir Lukin in einer gemeinsamen "Menschenrechtsmission" in das Krisengebiet gereist.

Die siebenköpfige Gruppe sollte anschließend sofort  ins gut 90 Kilometer entfernte Donezk gebracht werden. Nach dpa-Informationen sollen die Beobachter dann zügig nach Berlin ausgeflogen werden.

"Alle zwölf Personen sind frei"

Auch Russland bestätigte die Freilassung der Gruppe. "Die Volkswehr ließ alle auf meiner Liste stehenden zwölf Personen frei", sagte der Sondergesandte Lukin der Agentur Ria Nowosti. Neben acht europäischen Beobachtern, die aufgrund einer Mission unter der Leitung der deutschen Bundeswehr vor Ort waren, hatten die Milizen auch vier ukrainische Offiziere gefangen genommen.

Die Militärbeobachter waren am 25. April bei einer Erkundungsfahrt im krisengeschüttelten Osten der Ukraine festgesetzt worden. Prorussische Milizen warfen ihnen Spionage vor. Ein Schwede war aus gesundheitlichen Gründen bereits freigelassen worden.

Gewalt im Osten geht weiter

Nach der Freilassung der OSZE-Beobachter sollen bei neuen Gefechten in Slawjansk wieder mehrere Menschen getötet worden sein. Ukrainische Sicherheitskräfte setzen dort ihren "Anti-Terror-Einsatz" gegen prorussische Separatisten fort. Ein Sprecher der moskautreuen Aktivisten sagte am Samstag der russischen Staatsagentur Itar-Tass, elf Zivilisten und vier Bewaffnete seien ums Leben gekommen. Eine unabhängige Bestätigung gab es dafür nicht.

Die Separatisten erklärten, militante Ultranationalisten hätten im Schutz der ukrainischen Regierungstruppen auf unbewaffnete Bürger geschossen. Im nahen Dorf Andrejewka seien am Vorabend zehn Menschen getötet und 40 verletzt worden. Die Regierung hatte den Tod von zwei Soldaten bekanntgegeben.

Innenminister Arsen Awakow zufolge verstärkten die Einheiten auch eine Offensive bei der benachbarten Stadt Kramatorsk. Dabei hätten sie einen Fernsehturm unter ihre Kontrolle gebracht. "Wir werden nicht nachlassen", fügte er hinzu. Nach offiziellen Angaben wurden am Samstag zudem zwölf Menschen durch Schüsse verletzt. Ein lokales Internetportal berichtete unter Berufung auf Mediziner von mindestens fünf Toten und 17 Verletzten.

Gewalt nun auch in Odessa eskaliert

Der Konflikt in der Ukraine hat sich am Freitag auch in dem bisher vergleichsweise ruhigen Odessa am Schwarzen Meer zugespitzt. Bei Ausschreitungen zwischen prorussischen Aktivisten und Kiew-treuen Demonstranten gab es Dutzende Tote. Bei den Auseinandersetzungen war das örtliche Gewerkschaftshaus in Brand geraten. 37 Menschen starben an Rauchgasvergiftungen oder durch Sprünge aus dem brennenden Gebäude, 200 wurden weitere verletzt. Nach den Krawallen gab es 130 Festnahmen. Wer das Gebäude in Brand setzte, ist noch unklar.

Die Behörden der Hafenstadt verhängten eine dreitägige Trauer. Die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko reiste nach Odessa, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Russland machte die prowestliche Führung in Kiew sowie ukrainische Nationalisten für die Eskalation verantwortlich. Die Ereignisse seien auf die Unverantwortlichkeit Kiews zurückzuführen, zitierte die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass am frühen Samstagmorgen aus einer Mitteilung des Ministeriums. Die "Tragödie von Odessa" sei ein weiterer Beleg für "Kiews kriminelles Vertrauen auf Gewalt und Einschüchterung", hieß es in der Aussendung weiter. Das Außenministerium in Moskau forderte von den Behörden des Nachbarlandes "unverzügliche Auskunft" darüber, ob unter den Opfern auch Russen seien.

Das brennende Gewerschaftsgebäude in Odessa
Das brennende Gewerschaftsgebäude in OdessaREUTERS

Obama und Merkel drohen mit weiteren Sanktionen

Die US-Regierung verurteilte die Gewalt in Odessa als "unannehmbar". In einer Erklärung des US-Außenministeriums vom Freitag wurden zugleich die Ukraine und Russland aufgefordert, gemeinsam "Ruhe, Gesetz und Ordnung" wiederherzustellen. "Die Gewalt und das Chaos, das zu so vielen sinnlosen Toten und Verletzten geführt haben, sind inakzeptabel", erklärte die stellvertretende Außenamtssprecherin Marie Harf.

In Washington forderte am Freitag US-Präsident Barack Obama nach einem Treffen mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, Russland müsse seinen Einfluss geltend machen und militärische Gruppen zur Aufgabe bewegen. Die für den 25. Mai geplante Wahl dürfe nicht gestört werden, sonst drohten weitergehende Sanktionen für ganze Wirtschaftszweige. Beobachtern zufolge gelten die Energie- und die Bankenbranche als wahrscheinlichste Ziele. Zudem müsse Russland darauf hinwirken, dass die von Separatisten gefangen gehaltenen sieben OSZE-Beobachter sofort freikämen, sagte Obama.

Merkel forderte, Russland müsse seiner Verantwortung besser gerecht werden. Man werde alles daransetzen, dass die Wahlen stattfinden. Sollte Russland diese torpedieren, seien Sanktionen "unvermeidbar". Die EU sei auf die dritte Sanktionsstufe (Wirtschaftssanktionen) "vorbereitet", sagte sie. "Es ist uns ernst."

US-Verteidigungsminister Chuck Hagel forderte alle Nato-Staaten zu höheren Rüstungsausgaben auf. Die Ukraine-Krise habe den Mythos zerstört, dass Konflikte in Europa nach dem Ende des Kalten Krieges ausgeschlossen seien.

(APA/Reuters/AFP/dpa/Red.)

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