Ägypten:„Es wird bald keine Muslimbrüder mehr geben“

An Egyptian man on horse cart rides past a huge banner for Egypt's former army chief Field Marshal Abdel Fattah al-Sisi in downtown Cairo
An Egyptian man on horse cart rides past a huge banner for Egypt's former army chief Field Marshal Abdel Fattah al-Sisi in downtown Cairo(c) REUTERS
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General al-Sisi lehnt in seinem ersten TV-Interview als Präsidentschaftskandidat eine Aussöhnung mit den Islamisten ab und nennt Kampagnen gegen die militärgestützte Regierung eine „ Dummheit“.

Kairo. Verbindlich im Ton, aber hart in der Sache – so präsentierte sich Ex-Feldmarschall Abdel Fattah al-Sisi in seinem ersten TV-Interview seit der Entmachtung des Islamisten-Präsidenten Mohammed Mursi. „Wenn ich zum Präsidenten Ägyptens gewählt werden sollte, wird es keine Muslimbruderschaft mehr geben“, sagte der 59-Jährige gegenüber den Moderatoren der Privatsender ONTV und CBC. Er werde „für Sicherheit und Stabilität, für Arbeitsplätze, Gesundheitsversorgung und Nahrungssicherheit“ sorgen. Eine Aussöhnung mit der Muslimbruderschaft lehnte Sisi ab. „Wir können nicht zusammenleben“, so der starke Mann Ägyptens, der betont zivil in dunkelblauem Anzug und hellblauer Krawatte auftrat.

Sisi und der linke Nasserist Hamdeen Sabahi sind die einzigen Kandidaten für die Post-Mursi-Präsidentenwahl am 26. und 27. Mai. Sabahi kam im Mai 2012 auf den dritten Platz und schnitt vor allem in Kairo gut ab. Sisi hat bei der offiziellen Bekanntgabe seiner Kandidatur erklärt, er werde keinen „normalen Wahlkampf“ führen. Massenauftritte sind offenbar aus Sicherheitsgründen nicht geplant. Es habe bereits zwei Mordanschläge auf ihn gegeben, erklärte er, ohne Details zu nennen.

Sisi verteidigte das umstrittene Demonstrationsgesetz, das bereits Tausende hinter Gitter gebracht hat, als Mittel gegen „verantwortungslose Proteste und Chaos, die den Staat zerstören könnten“. Andauernde Kampagnen gegen die militärgestützte Regierung nannte der Ex-Armeechef „politische und religiöse Dummheit“.

Damit dürfte Sisis TV-Auftritt die Spannungen weiter anheizen, zumal die Muslimbrüder sämtliche Wahlen nach dem Sturz von Diktator Hosni Mubarak und bis zum Militärputsch im Sommer 2013 gewonnen haben. Die Anhängerschaft der Islamisten geht nach wie vor in die Millionen.

„Armee mischt sich nicht ein“

Das harte Vorgehen des militärgestützten Regimes aber richtet sich inzwischen auch gegen säkulare Menschenrechtler, Demokratieaktivisten und Journalisten. Erst kürzlich verbot ein Kairoer Gericht die Bürgerrechtsbewegung „6. April“, die Anfang 2011 entscheidend zum Sturz Mubaraks beigetragen hatte. Drei ihrer führenden Mitglieder, darunter Mitbegründer Ahmed Maher, sitzen im Gefängnis, verurteilt zu dreijährigen Haftstrafen.

Sisi dementierte im einstündigen TV-Gespräch, er habe von vornherein die Absicht gehabt, Nachfolger des von ihm gestürzten Mursi an der Spitze Ägyptens zu werden. Vielmehr habe er sich erst Ende Februar zur Kandidatur entschlossen, weil das Volk ihn dazu gedrängt habe. Befragt zu seinem künftigen Verhältnis zur Armee erklärte der Ex-Feldmarschall, die Streitkräfte hätten sich in den letzten 30 Jahren nie in die Politik eingemischt und würden das auch in Zukunft nicht tun. Er sei kein Kandidat des Militärs.

In einer persönlichen Passage des Interviews erinnerte Sisi an die religiös tolerante Atmosphäre seiner Jugendzeit in Alt-Kairo nahe dem jüdischen Viertel, wo sein Vater eine kleine Schreinerei besaß. Damals sei niemand befragt worden, wenn er eine Synagoge habe betreten wollen. Und Kirchenglocken am Sonntag seien „eine ganz normale Sache“ gewesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2014)

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