Aserbaidschan: „Wir stehen nicht im Konkurrenzverhältnis zu Russland“

Elmar Mammadyarov
Elmar Mammadyarov(c) imago/ITAR-TASS (imago stock&people)
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Der aserbaidschanische Außenminister Elmar Mammadyarov erklärt, warum die Gaslieferungen seines Landes Moskau nicht in die Quere kommen. Baku hat von Österreich den Vorsitz im Europarat übernommen.

Die Presse: Spätestens seit Beginn der Ukraine-Krise sind alle Augen auf Aserbaidschan gerichtet: Dank der Gasreserven Ihres Landes könnten sich die EU-Länder von den russischen Lieferungen lossagen.

Elmar Mammadyarov: Mit der Inbetriebnahme der Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline im Jahr 2005, mit der wir die Türkei beliefern, haben wir erkannt, dass wir noch mehr Länder mit Gas beliefern könnten – dazu gehört auch der europäische Markt. Die Trans-Adriatic-Pipeline, mit der Europa beliefert werden soll, wird voraussichtlich Ende 2017 oder Anfang 2018 in Betrieb gehen.

Sind seit Beginn der Ukraine-Krise die Bemühungen Europas, an Ihr Gas zu kommen, rapide gestiegen?

Natürlich sind die Anfragen, die wir erhalten, von strategischer Bedeutung. Wir haben uns bereits vor der Krise mit der EU über den Ausbau des Südkorridors (Strecke der Trans-Adriatic-Pipeline, Anm.) geeinigt. Das Interesse der EU deckt sich natürlich mit dem Interesse Aserbaidschans.

Aserbaidschan tritt immer selbstbewusster auf.

Das ist ein gutes Bild von uns.

Und wie reagiert Ihr Nachbar Russland darauf? Immerhin ist das Land auch ein Gaslieferant.

Auch wir müssen uns neue Märkte suchen, etwa in Europa. Wir wollen jene Länder beliefern, die über keine eigenen Energiereserven verfügen. Wir stehen aber nicht in einem Konkurrenzverhältnis zu Russland, da die Volumen nicht vergleichbar sind. Gazprom liefert viel mehr.

Mit dem steigenden Interesse könnte Ihr Land den Blick Europas auf den Bergkarabach-Konflikt lenken und eine Hilfestellung bei der Lösung verlangen.

Sobald wir ungelöste Konflikte in einer Region haben, ist auch die Zukunftsfähigkeit gefährdet. Eine schnelle Lösung würde allen Beteiligten helfen. Daher werden wir bei allen internationalen Meetings diesen Konflikt ansprechen. Es hat uns gefreut, dass die Präsidenten der USA, Russlands und Frankreichs betont haben, dass der Status quo nicht akzeptabel sei. Für Aserbaidschan ist die territoriale Integrität ein Muss (Teile der Region werden seit 1994 von armenischen Truppen besetzt). Nach 20 Jahren beginnen auch europäische Länder, das zu akzeptieren.

Aserbaidschan hat Österreich abgelöst und hält nun den Vorsitz des Europarates. Während der Übergabe in Wien hat Amnesty International zum Protest aufgerufen. Angeprangert wurde die Menschenrechtslage in Aserbaidschan sowie die Verhaftung von mehreren Jugendaktivisten.

Ich weiß, dass wir auf der Blacklist von manchen NGOs stehen. Amnesty International vergisst gern darauf, nach Armenien zu schauen. Als dort bei Protesten 2008 zehn Menschen getötet wurden, hat niemand darüber gesprochen. Wir machen alles, um aus Aserbaidschan einen starken, reifen, unabhängigen Staat zu machen, und es geht uns nicht darum, sogenannte unabhängige NGOs wie Amnesty International zufriedenzustellen.

NGOs kritisieren auch mangelnde Demokratie.

Die Demokratisierung ist ein langer Prozess. Ich glaube aber nicht, dass Aserbaidschan weniger demokratisch ist als manche EU-Länder.

Sie haben selbst in einem Artikel geschrieben, dass Aserbaidschan mit Korruption zu kämpfen hat.

Bekämpfung der Korruption hat oberste Priorität. Wir wollen die Bürokratie durch Online-Formulare ersetzen, damit Beamte gar nicht erst auf die Idee kommen.

ZUR PERSON

Elmar Mammadyarov.Der Diplomat ist seit 2004 Außenminister Aserbaidschans. Am Dienstag war Mammadyarov in Wien: Baku hat von Österreich den Vorsitz des Europarates übernommen. [ Stanislav Jenis ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2014)

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