Donezk und Lugansk bitten um Anschluss an Russland

Separatist Roman Liagin spricht sich für eine Aufnahme der Region in die Russische Föderation aus.
Separatist Roman Liagin spricht sich für eine Aufnahme der Region in die Russische Föderation aus.(c) REUTERS (MAXIM ZMEYEV)
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Am Mittwoch soll es erstmals einen Runden Tisch in Kiew mit Vertretern der Separatisten geben - ohne Leute "mit Blut an den Händen", wünscht sich Deutschlands Außenminister Steinmeier.

In der Ukraine überschlagen sich am Tag nach dem umstrittenen Referendum über die Ereignisse. Die Regionen Donezk und Lugansk wollen der russischen Föderation beitreten. Während die EU-Außenminister Montagvormittag in Brüssel neue Sanktionen beschlossen, wurden erstmals direkte Gespräche zwischen der Regierung in Kiew und den Separatisten im Osten des Landes angekündigt. Ein Runder Tisch unter ukrainischem Vorsitz soll am Mittwoch stattfinden. Der deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger soll im Auftrag der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Co-Vorsitz übernehmen. Vor allem Deutschland hatte in den vergangenen Wochen immer wieder auf die Abhaltung Runder Tische gedrängt.

Wer für die Separatisten an den Gesprächen teilnehmen soll, war noch unklar. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier betonte, "dass die, die Blut an Händen haben, in der Regel nicht die sind, die am Runden Tisch sitzen". Außerdem sprach er sich für vorgezogene Parlamentswahlen noch vor Ende 2014 aus. Der nationale Dialog sollte nicht nur in Kiew, sondern auch in der Ostukraine stattfinden können.

Richtung Russland

Ungeachtet dieser diplomatischen Schritte hat die Region Lugansk die Vereinten Nationen (UNO) gebeten, ihre Unabhängigkeit anzuerkennen. Zudem wird die Region an der am 25. Mai angesetzten Präsidentschaftswahl in der Ukraine nicht teilnehmen, meldete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Montag. Es werde auch ein Referendum über den Anschluss an Russland erwogen. Die Nachrichtenagentur berief sich auf Anführer der Separatisten in der ostukrainischen Landesteil.

Ähnliche Meldungen kamen aus Donezk. Der führende Separatist Roman Liagin spricht sich für eine Aufnahme der Region in die Russische Föderation aus. Dies "wäre wahrscheinlich ein angemessener Schritt" nach dem Referendum vom Sonntag zur Unabhängigkeit von der Regierung in Kiew, sagte der Leiter der Wahlkommission auf einer Pressekonferenz in der gleichnamigen Stadt Donezk laut Nachrichtenagentur Reuters am Montag.

Der ostukrainische Separatistenführer Denis Puschilin hat außerdem angekündigt, die für den 25. Mai geplanten Präsidentschaftswahlen im Oblast Donezk zu verhindern.

Russland will Ergebnis "zivilisiert" umsetzen

Russland erkennt die Ergebnisse des umstrittenen Unabhängigkeitsreferendums in der mehrheitlich russischsprachigen Ostukraine an. Man respektiere den Wunsch der Menschen, den sie in den Referenden in den Regionen Donezk und Lugansk zum Ausdruck gebracht haben, teilte der Kreml am Montag mit. Das Ergebnis sei auf "zivilisierte Art und Weise ohne Gewalt" umzusetzen.

Putin selbst will sich erst nach einer Analyse des Ergebnisses zu dem Referendum äußern. Das sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow der Moskauer Zeitung "Kommersant" (Montag). Das Kreml-Statement lässt aber die Richtung erahnen, in die sich Putin äußern könnte. Die Androhung schärferer Sanktionen der EU und der USA gegen Russland nannte Peskow eine absolute Dummheit.

"Terroristen", "Farce"

Die Reaktionen in Kiew auf das Referendum waren hingegen erwartungsgemäß sehr eindeutig. Die Regierung erkennt die Ergebnisse nicht an. Die von den "Terroristen" veranstaltete Volksabstimmung sei eine "Farce" und habe "keine rechtlichen Konsequenzen", betonte Übergangspräsident Oleksander Turtschinow in einer am heutigen Montag verbreiteten Erklärung.

Das Referendum diene nur dazu, die Morde, Entführungen und anderen Gewaltakte in der Ostukraine zu decken, sagte Turtschinow im Kiewer Parlament. Zugleich betonte er, dass die Behörden in Kiew den Dialog mit all jenen fortsetzen werde, "die kein Blut an ihren Händen haben".

In der ostukrainischen Stadt Slawjansk haben sich Regierungstruppen am Montag erneut Gefechte mit prorussischen Kräften geliefert. Die Separatisten hätten den Fernsehturm sowie Soldaten mit Granatwerfern beschossen, teilte Innenminister Arsen Awakow am Montag bei Facebook mit. Es gebe keine Verletzten.

(c) APA

Fast 100 Prozent für Abspaltung

Bei dem international nicht anerkannten Referendum in der Ostukraine hat sich nach Angaben der Separatisten eine überwältigende Mehrheit für die Unabhängigkeit ausgesprochen. In der Region Donezk hätten 89 Prozent für die Abspaltung gestimmt, erklärten sie in der Nacht zum Montag. In der zweiten Region, Lugansk, hätten sich 96 Prozent für die Autonomie ausgesprochen.

In Donezk hätten 89 Prozent der Teilnehmer für die Autonomie gestimmt, sagte der Leiter der selbst ernannten Wahlkommission, Roman Ljagin. "Das Ergebnis kann als endgültig und offiziell gesehen werden." Damit sei die Präsidentenwahl in der Region hinfällig. In Lugansk teilte am Montag der Vizechef der selbst ernannten Wahlkommission, Alexander Malychin, der Agentur Interfax zufolge mit, dass sich 96 Prozent für die Abspaltung ausgesprochen hätten. Die Wahlbeteiligung sei bei 81 Prozent gelegen.

Bereits vor dem Ende der Abstimmung hatte der Separatistenführer Denis Puschilin erklärt, die ukrainischen Soldaten würden nun als fremde Besatzungsmacht eingestuft. Es müssten jetzt so schnell wie möglich eigene politische und militärische Strukturen geschaffen werden. Die abtrünnigen ostukrainischen Gebiete sehen ihren Status als "Volksrepubliken" gefestigt.

53 Wahllokale

Referendum fand bei strahlendem Sonnenschein statt und hatte zum Teil den Charakter eins Volksfestes. Allerdings wurden auch Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Separatisten gemeldet. Eine Stimmabgabe war nur an 53 Stellen möglich. So standen für die Hafenstadt Mariupol acht Wahllokale für etwa eine halbe Million Menschen zur Verfügung. An einigen Orten bildeten sich Hunderte Meter lange Schlangen. Ein Teil der Bevölkerung in der Region hat russische Wurzeln und fühlt sich dem Nachbarland verbunden. Internationale Beobachter waren zu der Abstimmung nicht angereist.

Proukrainische Medien berichteten von massiven Fälschungen. Die Regierungstruppen setzten ihren "Anti-Terror-Einsatz" rund um die Städte Slawjansk, Kramatorsk und Krasny Liman im Gebiet Donezk fort. Dort seien viele Separatisten getötet worden, behauptete Paschinski.

Die pro-russischen Separatisten halten seit Wochen Dutzende Regierungsgebäude in der Ostukraine besetzt. Sie fordern die Unabhängigkeit für die zwei Provinzen, in denen 6,5 Millionen Menschen und ein Drittel der Industrieproduktion der Ukraine beheimatet sind. In den Konflikt sind Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Kritiker befürchten, die Region könne am Ende wie zuvor die Halbinsel Krim in die Russische Föderation eingegliedert werden. Die Regierung in Moskau hat territoriale Ambitionen verneint.

(APA/Reuters/dpa)

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