„Ein korrupter Politiker ist wie ein Verräter“

Ehud Olmert
Ehud Olmert(c) imago/Xinhua
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Ein Richter in Tel Aviv verurteilte Ex-Premier Ehud Olmert (2006–2009) zu sechs Jahren Haft. Der Angeklagte soll während seiner Zeit als Bürgermeister von Jerusalem Bauunternehmer gegen Bezahlung begünstigt haben.

Jerusalem. Am 1.September muss Israels früherer Regierungschef Ehud Olmert für sechs Jahre hinter Gitter. Richter Uri Rosen vom Tel Aviver Bezirksgericht zeigte keine Gnade, als er am Dienstag das Urteil in Israels spektakulärstem Schmiergeldprozess seit Staatsgründung verkündete.

Bei der „Holyland-Affäre“ geht es um ein Bauprojekt in Jerusalem, bei dem Olmert, der bis 2003 Bürgermeister der Stadt war, Unternehmer gegen Bezahlung begünstigte. Sechs Mitangeklagte werden ebenfalls Haftstrafen von drei bis sieben Jahren absitzen müssen. Offen blieb das Strafmaß für Olmerts Nachfolger im Jerusalemer Rathaus Uri Lupoliansky sowie Schula Saken, Olmerts Büroleiterin, die ihren Ex-Chef noch kurz vor Prozessende schwer belastete.

Mit Olmert geht zum ersten Mal ein israelischer Ex-Ministerpräsident ins Gefängnis. Er gesellt sich zu Mosche Katzaw, ehemals Staatspräsident, der zur Zeit eine mehrjährige Haftstrafe wegen zweifacher Vergewaltigung absitzt. Dass die beiden in dieselbe Zelle kommen, ist auszuschließen; Katzaw wählte den orthodoxen Trakt, während Olmert nicht sehr religiös ist. So peinlich es für Israel sein mag, die beiden früheren Spitzenpolitiker in Häftlingskluft zu sehen: Die Urteile sprechen nach Ansicht des Rechtsexperten Mosche Negbi für den Staat. „Der Unterschied zwischen einer Bananenrepublik und einem Rechtsstaat zeigt sich genau dann, wenn das Recht auch vor den Mächtigsten nicht Halt macht.“

Olmert kündigte an, vor dem Obersten Gerichtshof in Revision zu gehen. Zusätzlich zu den sechs Jahren Haft verdammte ihn der Richter zu einer Geldstrafe von rund 200.000 Euro. Das ist etwa die doppelte Summe dessen, was Olmerts Bruder Jossi von einem israelischen Geschäftsmann zugesteckt bekommen hat. Bis zum Schluss beteuerte der 68-jährige Hauptangeklagte, nichts von dem Geldtransfer gewusst zu haben. An diesem „traurigen Tag“, so hatte Olmert noch am Morgen kundgetan, werde „ein unschuldiger Mann“ schwer bestraft.

Richter Rosen begründete das hohe Strafmaß mit dem erklärten Ziel, „eine ansteckende Krankheit“ auszumerzen. Bestechung und Korruption „verseuchen den öffentlichen Sektor“, sagte er. Ein korrupter Politiker sei wie ein Verräter, der die Öffentlichkeit betrüge und der Verachtung für staatliche Institutionen Vorschub leiste. (kna)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2014)

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