Demonstranten in Vietnam zünden ausländische Firmen an

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FILE VIETNAM CHINA PROTEST(c) APA/EPA/LUONG THAI LINH (LUONG THAI LINH)
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Streit zwischen Hanoi und Peking um Seegebiete eskaliert. Der Zorn der Demonstranten richtete sich vor allem gegen taiwanesische Firmen, die sie in chinesischem Besitz wähnten.

Hanoi/Peking. Die Spannungen zwischen den beiden ostasiatischen „Bruderstaaten“ Vietnam und China steuern auf eine gefährliche Eskalation zu: Aus Protest gegen Chinas Ansprüche im Südchinesischen Meer haben am Mittwoch tausende Vietnamesen ausländische Firmen gestürmt. In Industriegebieten im Süden Vietnams habe die Menge Zugangstore niedergerissen, Fensterscheiben eingeworfen und Gebäude in Brand gesetzt, teilten die Behörden mit.

Der Zorn der Demonstranten richtete sich vor allem gegen taiwanesische Firmen, die sie in chinesischem Besitz wähnten. Auch im gemeinsam von Vietnam und Singapur betriebenen Industriepark VSIP in Binh Duong waren ausländische Firmen Ziel der wütenden Menge.

Bereits am Wochenende hatte das vietnamesische KP-Regime erstmals seit Jahrzehnten wieder anti-chinesische Demonstrationen zugelassen. Der Grund: Peking hat vergangene Woche eine Tiefseebohrplattform vor die Paracel-Inselgruppe verlegt, das Gebiet wird von beiden Ländern beansprucht. Vietnam schickte Schiffe in die Gegend, die dort nach eigenen Angaben von chinesischen Schiffen angegriffen und gerammt wurden. China erhob seinerseits den Vorwurf, vietnamesische Schiffe würden chinesische Schiffe Dutzende Male gerammt haben. Beobachter vermuten, dass Hanoi die Proteste der Bevölkerung bewusst zulässt und damit die eigene Empörung über das chinesische Vorgehen zum Ausdruck bringt. Normalerweise werden Demonstrationen in Vietnam unterbunden.

China kritisiert Unruhen

Die Regierung in Peking rief Vietnam auf, „sofort für Ruhe zu sorgen“. Die Sicherheit chinesischer Bürger und Unternehmen in Vietnam müsse gewährleistet werden. Auch Taiwans Außenminister David Lin verurteilte die Gewalt und rief Hanoi auf, die Sicherheit seiner in Vietnam beschäftigen Landsleute zu garantieren. Der stellvertretende Vorsitzende des Volkskomitees in Binh Duong, Tran Van Nam, sagte, die Proteste von Arbeitern hätten friedlich begonnen. Mit dem Anwachsen der Zahl der Teilnehmer auf rund 20.000 seien sie jedoch eskaliert. In 15 Fabriken sei Feuer gelegt worden. „Wir appellieren an alle, Ruhe zu bewahren, sich zurückzuhalten“, sagte er.

Die taiwanesische Firma „Formosa Industries“, erklärte, es seien Fernseher, Computer sowie Wertsachen von Mitarbeitern gestohlen worden. Die Polizei habe die Menge nicht stoppen können, da zu wenig Beamte vor Ort gewesen seien. Bei mehreren Unternehmen wie dem Schuhhersteller Yue Yuen, der Adidas und Nike beliefert, stand die Produktion still. Li&Fung teilte mit, einige seiner Zulieferer in Vietnam hätten die Produktion unterbrochen. Das Unternehmen aus Hongkong ist eines der größten Handelshäuser der Welt und beliefert unter anderem Wal Mart mit Bekleidung oder Spielwaren.

Auch Streit mit Philippinen

China und Vietnam hatten 1979 wegen eines Grenzkonfliktes Krieg geführt. Bei den aktuellen Spannungen geht es aber um einen Konflikt, der die gesamte Region betrifft: Die aufstrebende regionale Supermacht China streitet auch mit anderen südostasiatischen Staaten und mit Japan über ressourcenreiche Territorien. Ressentiments gegen China wurden zuletzt auch auf den Philippinen laut. Manila warf der Volksrepublik vor, sich ein Riff in der Nähe einer Inselgruppe einzuverleiben, die beide Staaten beanspruchen. China wolle dort eine Landebahn bauen und seine Kontrolle über das Gebiet ausweiten. Erst am Dienstag hatten die USA der Regierung in Peking provokantes Verhalten vorgeworfen. (Reuters, APA, dpa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2014)

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Die Gründe für die jüngsten Ausschreitungen gegen Chinesen in Vietnam sind dort zu suchen: Peking besetzte 1974 die Paracel-Inseln. China liegt zudem mit Philippinen und Japan im Clinch um Inselgruppen.

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