Palästinensische Einheitsregierung vereidigt

Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas (re.) vereidigte die neue Regierung unter Ministerpräsident Rami Hamdallah (li.).
Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas (re.) vereidigte die neue Regierung unter Ministerpräsident Rami Hamdallah (li.).(c) Reuters
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Hamas und Fatah sehen ein "Ende der Spaltung" des palästinensischen Volkes. Die Expertenregierung will an den Verträgen mit Israel festhalen.

Erstmals seit sieben Jahren gibt es wieder eine Einheitsregierung von Fatah und Hamas. Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas vereidigte am Montag in Ramallah das Expertenkabinett unter Führung des bisherigen Ministerpräsidenten Rami Hamdallah. Die Übergangsregierung mit 17 Ministern besteht aus Experten, die weder der gemäßigten Fatah von Abbas noch der radikalislamischen Hamas angehören.

Abbas würdigte den Schritt als "Ende der Spaltung" seines Volkes: "Wir erklären die Spaltung, die unserer nationalen Sache so katastrophalen Schaden zugefügt hat, heute für beendet", sagte der Fatah-Politiker am Montag in einer Fernsehansprache. Das Kabinett regiert im Westjordanland und im Gazastreifen. Vier Minister aus dem Gazastreifen waren nicht bei der Vereidigungszeremonie zugegen, weil Israel ihnen nach palästinensischen Angaben die Ausreise verweigert hatte.

"Regierung des palästinensischen Volkes"

Auch die Hamas begrüßte die Einigung als "Wendepunkt in der Geschichte der palästinensischen Einheit". Der Hamas-Führer Ismail Haniya kündigte nach der Vereidigung der Einheitsregierung den Rücktritt seiner Hamas-Regierung im Gazastreifen an. Haniya sagte am Montag in einer Fernsehansprache, die neue Regierung mit der gemäßigten Fatah sei "die Regierung des palästinensischen Volkes". Man werde mit ihr kooperieren und die Macht übergeben.

Israel hatte im April die Friedensgespräche aus Protest gegen die Annäherung ausgesetzt. Die Hamas, die Israels Existenzrecht bestreitet, wird auch von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft.

Friedensverträge mit Israel bleiben gültig

Die neu gebildete Regierung werde die unterzeichneten Friedensverträge mit Israel anerkennen, versprach Abbas. Schritte Israels gegen die neue Regierung werde man allerdings angemessen beantworten, betonte Abbas. "Wir wollen keine Eskalation, aber wir werden auch nicht tatenlos dastehen." Man werde notfalls alle möglichen "politischen, diplomatischen und juristischen Mittel" ausschöpfen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu rief zu einem weltweiten Boykott der Regierung mit Hamas-Beteiligung auf. Er kritisierte in diesem Zusammenhang die europäische Politik. "Es ist in meinen Augen merkwürdig, dass europäische Regierungen, die den Anschlag in Brüssel scharf verurteilen, gleichzeitig vage oder sogar freundlich über die palästinensische Regierung mit Hamas sprechen", sagte Netanyahu am Montag nach Angaben der Nachrichtenseite "ynet".

Streitpunkte ausgeräumt

Auch zwischen den Unterhändlern von Fatah und Hamas gab es bis zuletzt Unstimmigkeiten über die Details der Regierungsbildung. Der Abbas-Vertraute Riad Malki bleibt trotz Widerstands der Hamas Außenminister. Ein weiterer Streitpunkt war die von der Fatah angestrebte Auflösung des Häftlingsministeriums, die die Hamas ablehnte. Bei der Zeremonie in Ramallah wurde letztlich kein Häftlingsminister vereidigt. Abbas will das Ministerium in eine Abteilung der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO verwandeln.

Die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas hatte 2007 gewaltsam die Herrschaft im Gazastreifen übernommen. Seitdem herrschte die gemäßigtere Fatah nur noch im Westjordanland. Mit dem Putsch war auch eine im Jahr 2006 gebildete erste Einheitsregierung von Hamas und Fatah auseinandergebrochen. Im April hatte die Fatah des gemäßigten Präsidenten Abbas die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung mit der Hamas vereinbart. Zur Jahreswende sollen auch lange überfällige Wahlen nachgeholt werden.

Der Wirtschaftsexperte Hamdallah, der auch das Innenministerium übernimmt, war schon vor der Aussöhnung von Fatah und Hamas palästinensischer Regierungschef. Er gab sich nach Angaben aus Delegationskreisen sehr entschlossen, dass die neue Regierung zu einem Neuanfang in den Verhandlungen mit Israel beitragen könne. "Wenn man den Willen hat, Frieden zu schaffen, dann kann es auch gelingen", sagte Hamdallah nach Angaben eines Delegationsteilnehmers.

(APA/dpa)

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