G7-Treffen: Obama gibt Putin "zwei bis vier Wochen" Zeit

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Der US-Präsident will bis Ende Juni Signale der Deeskalation aus Moskau vernehmen, sonst drohen Russland weitere Sanktionen. Angela Merkel setzt auf weitere Gespräche mit Russland.

Brüssel. Die „sogenannte G7“ – deutlicher hätte Dmitrij Medwedjew die Abneigung gegenüber einem Gremium, dem Russland noch bis vor Kurzem angehört hat, nicht ausdrücken können. Während die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen – USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada – am Donnerstag in Brüssel tagten, warf der russische Premierminister dem Westen „maßlosen Zynismus“ vor, weil er das Vorgehen der Staatsgewalt in der Ostukraine gutgeheißen habe.

Die Ursache dafür, dass aus den G8 die G7 geworden sind, ist Russlands Annexion der Krim und die Anfachung des separatistischen Feuers in der Ostukraine. Das ursprünglich in Sotschi anberaumte Treffen der Staats- und Regierungschefs war ein Kollateralschaden der russischen Aggression. Nach dem Ausschluss Russlands aus dem Klub wurde der Gipfel kurzerhand nach Brüssel verlegt – mit der EU in der erstmaligen Rolle des G7-Gastgebers.

Ihren Konflikt mit Russland führen die G7 an zwei Fronten: politisch und wirtschaftlich. Dem politischen Ansatz war das Diner am Mittwochabend gewidmet. In einer Erklärung riefen die G7 Moskau dazu auf, das Ergebnis der ukrainischen Präsidentenwahl anzuerkennen, seine Truppen von der ukrainischen Grenze zurückzuziehen und Maßnahmen gegen das Einsickern von russischen Freischärlern und Waffen in den Osten der Ukraine zu ergreifen. Die Drohung breit gefächerter Sanktionen gegen die russische Wirtschaft – die berüchtigte Stufe drei des dreistufigen Sanktionsplans der EU – blieb aufrecht, wurde aber nicht konkretisiert. Es gibt somit keine explizite „rote Linie“, deren Überschreiten durch Russland Wirtschaftssanktionen auslösen würde. Nur so viel: Man werde „den Preis, den Russland zu zahlen hat, in die Höhe treiben, wenn die Ereignisse dies erfordern“.

Die zweite Front wurde am Donnerstag eröffnet: Um sich aus der russischen Umklammerung zu lösen, wollen die G7 – allen voran Europa – von russischen Energieträgern unabhängiger werden. Die Schlagworte lauten Diversifizierung (also erneuerbare Energien und Flüssiggas aus Übersee), Effizienz (weniger Verbrauch) und Belastbarkeit (also eine bessere Vernetzung der Strom- und Gasnetze innerhalb der EU). In welche Richtung die Reise gehen soll, wurde am Mittwoch in Berlin deutlich: Nach einem Bericht der „Financial Times“ erwägt die deutsche Regierung die Freigabe der Förderung von Schiefergas.

Drohen oder nicht drohen?

Hinter dieser Fassade der Einigkeit gibt es aber sehr wohl Meinungsunterschiede: Der britische Premier David Cameron etwa will die Sanktionen als gezielte Drohung einsetzen, um Wladimir Putin zur Räson zu bringen. Camerons Kollegin Angela Merkel wiederum will von Sanktionsdrohungen nichts wissen: Es gehe „gar nicht um Drohungen“, sondern um „Lösungen über Gespräche“, sagte die deutsche Bundeskanzlerin gestern.

US-Präsident Barack Obama warnte Putin eindrücklich vor einer schleichenden „Destabilisierung der Ukraine durch Surrogate“. In den „nächsten zwei bis vier Wochen“ werde sich weisen, welchen Kurs Moskau einschlagen werde – man sei jedenfalls mit der EU dabei, sektorale Sanktionen vorzubereiten, die „den Schaden für Russland maximieren und den Schaden für Europa minimieren“. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2014)

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