Wo wird Hogwarts liegen? Rowlings Britannien-Faible

Scotland's First Minister Alex Salmond waits to deliver a speech at the College of Europe in Bruges
Scotland's First Minister Alex Salmond waits to deliver a speech at the College of Europe in Bruges(c) REUTERS
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Die Autorin der „Harry Potter“-Serie spendete Befürwortern der Einheit eine Million Pfund – sehr zum Ärger der Nationalisten.

London. Die Entscheidung über die Unabhängigkeit Schottlands fällt erst in drei Monaten, aber die wichtigsten Weichenstellungen werden jetzt vorgenommen. Die Debatte nimmt an Schärfe zu. Dass „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling dem Lager der Befürworter des Vereinigten Königreichs eine Million Pfund spendete, war nicht nur finanziell ein Coup. In der Begründung sprach die Erfolgsschriftstellerin vielen aus der Seele: „Wenn wir jetzt gehen, gibt es kein Zurück.“

Rowlings Intervention war den Anhängern der Unabhängigkeit, die von der Scottish National Party (SNP) geführt werden, sichtlich unwillkommen. Nicht nur wegen des Weltruhms der Schriftstellerin, sondern auch, weil sie mit Frauen und jungen Wählern zwei besonders umstrittene Gruppen ansprach. Sie werden nun entscheiden, wo Hogwarts künftig liegen wird, der Schauplatz der „Harry Potter“-Romane.

First Minister Alex Salmond presste sich ein gequältes Statement ab: „Jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung.“ Aber im Cyber-Space liefen einige Amok: Die Hilfsorganisation Dignity Project twitterte: „Diese Hexe! So dankt sie es uns, dass wir ihr damals als alleinerziehende Mutter Obdacht gewährten.“ Weitere ähnlich üble Angriffe folgten. Rowling lebt seit 1993 in Schottland und schrieb, dass sie „für immer hier bleiben möchte“.

Sofern ihr das nicht gründlich verdorben wird. Denn die Angriffe auf sie waren nicht das erste Mal, dass Nationalisten deutlich über die Stränge schlugen. So musste sich ein Mitarbeiter Salmonds für die Beschimpfung der Mutter eines behinderten Kindes entschuldigen, die sich gegen die Unabhängigkeit ausgesprochen hatte.

Ex-Schatzkanzler Alistair Darling, der Anführer des Better-Together-Lagers, das für den Erhalt der Union ist, warf den Nationalisten zuletzt vor, „ein Klima der Angst und der Einschüchterung zu erzeugen“.

Unionisten liegen in Führung

Bisher war es dem Yes-Scotland-Lager bemerkenswert gut gelungen, auf positive Botschaften, gute Laune und Ermunterung zu setzen. Die Unionisten werden hingegen als Neinsager abgestempelt, ihre Warnungen als Angstmacherei abgetan. Doch in den Umfragen liegen die Befürworter der Union mit zuletzt 58:42 Prozent deutlich in Führung. Längst ist das Publikum mit Studien übersättigt. „Bei einem Verbleib im Vereinigten Königreich ist jeder Bürger um 1400 Pfund reicher“, behauptet London. „Die Unabhängigkeit bringt jedem Schotten einen Tausender“, kontert Edinburgh.

In dieser Situation sind Botschaft und Image oft wichtiger als jedes Sachargument. Die Nationalisten hatten hier bisher klar die Führung. Doch zuletzt haben sie diesen Anspruch verspielt – und damit möglicherweise die Volksabstimmung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2014)

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