Deutschland: Von der Leyen macht Weg für Kampfdrohnen frei

German Defence Minister von der Leyen attends a cabinet meeting at the Chancellery in Berlin
German Defence Minister von der Leyen attends a cabinet meeting at the Chancellery in Berlin(c) REUTERS
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Die Verteidigungsministerin will bewaffnungsfähige Drohnen leasen. Über ihre Bestückung mit Raketen soll der Bundestag mit jedem Einsatzmandat entscheiden. Das Thema bleibt wild umstritten.

Berlin. Am Ende musste sie Farbe bekennen – zumindest ein wenig. Lange hatte Ursula von der Leyen bei den Kampfdrohnen gezaudert. Eine breite Debatte sollte es geben, am Montag durften noch Experten im Parlament ihr Pro und Kontra referieren. Die deutsche Verteidigungsministerin aber hielt sich bedeckt. „Schieß los“, forderte die „Süddeutsche“ ungeduldig, und eben dort gab sie ihre Entscheidung bekannt: Ja, die Bundeswehr soll bewaffnungsfähige Drohnen bekommen, wenn auch nur geleast. Ob sie tatsächlich mit Präzisionsraketen bestückt werden, darüber möge vor jedem Auslandseinsatz der Bundestag als Teil seines Mandats entscheiden.

Damit hat sich die CDU-Ministerin aus dem politischen Schussfeld genommen. Die Entscheidung ist im Grunde keine: Jedes neue Drohnenmodell in der benötigten Größenklasse ist bewaffnungsfähig, etwas anderes wird auf dem Markt nicht mehr angeboten. Mit einem kategorischen Nein hätte sie Generäle, die Truppe und Fachpolitiker ihrer Partei gegen sich aufgebracht. Aber von der Leyen weiß auch: Mit einem Bekenntnis zu „Killerdrohnen“ kann sie nur verlieren, so unbeliebt sind sie in der Bevölkerung.

Schutz oder Enthemmung?

Beim Stichwort Drohnen denken die Deutschen zuerst an gezielte Tötungen der US-Armee im Anti-Terror-Krieg, auch in Staaten wie Pakistan oder dem Jemen, mit denen sich die USA in keinem bewaffneten Konflikt befinden. Nach europäischem Verständnis sind das Hinrichtungen ohne rechtsstaatliches Verfahren und Verstöße gegen das Völkerrecht. Die zweite Assoziation ist der „Euro Hawk“, der andere Aversionen weckt: Die hoch fliegende Aufklärungsdrohne dient zwar harmloseren Zwecken, erwies sich aber für die Bundeswehr als Beschaffungsdebakel und für den Steuerzahler als Halbmilliardengrab. Von der Leyens Amtsvorgänger Thomas de Maizière wäre vor einem Jahr fast über die Affäre gestolpert.

Nur schwer ist es daher zu vermitteln, dass es um anderes gehen soll. „Unrechtmäßige Tötungen“ sind nicht denkbar in der deutschen Parlamentsarmee. Aufklärungsdrohnen setzt die Bundeswehr schon länger in Afghanistan ein, vor allem vier Heron-Drohnen für mittlere Höhe und Distanzen, die Truppen als fliegende Wächter begleiten. Der Leasingvertrag mit einer israelischen Rüstungsfirma läuft nächstes Frühjahr aus. Bei einer Verlängerung könnte die Bundeswehr auf das Nachfolgemodell umsteigen, das bewaffnet werden kann. Auch der Koalitionspartner SPD, sehr skeptisch gegenüber Kampfdrohnen, plädiert für diese Variante. Grüne und Linke kritisieren auch diese Minimallösung.

Dass die Militärs auf Bewaffnung drängen, begründen sie mit ihren Erfahrungen am Hindukusch. Bewaffnete Drohnen können schneller eingreifen als Hubschrauber, Jagdbomber oder Artillerie. Nur sie „bieten eine Gewähr dafür“, dass sich Soldaten „nicht unnötig selbst gefährden müssen“, so der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus. Man „versündige sich“ an den Soldaten, wenn man ihnen den bestmöglichen Schutz vorenthalte.

Mit der Moral argumentieren freilich auch die Gegner. Sie fürchten, dass Drohnen die Hemmschwelle beim Gewalteinsatz senken, weil sie aus der Ferne bedient werden wie ein Computerspiel. Zudem sei die Versuchung groß, die Waffen nicht nur im Notfall einzusetzen, also auch außerhalb von Gefechten. Dagegen stünden strikte Regeln, beteuern Befürworter. Für den CDU-Verteidigungsexperten Henning Otte bieten Drohnen sogar ein „Mehr an Verantwortung und Transparenz“: Nicht ein einzelner, gestresster Pilot feuert die Waffe ab, sondern mehrere Entscheider auf konkrete Anforderung. Und Völkerrechtler Thilo Marauhn betont die Kombination aus „Aufklärung und Waffenwirkung“, die es ermögliche, „besser zwischen militärischen und zivilen Zielen zu unterscheiden“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)

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