Deutschland führt gesetzlichen Mindestlohn ein

Die Gewerkschaft kann zufrieden sein: Der Mindestlohn kommt
Die Gewerkschaft kann zufrieden sein: Der Mindestlohn kommtimago/PEMAX
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Ein dreiviertel Jahr nach der Bundestagswahl setzte die Große Koalition eines ihrer wichtigsten Vorhaben um. Gelten soll der Mindestlohn ab 2015.

Es war eines der Hauptthemen im vergangenen Bundestagswahlkampf, und es war das größte Entgegenkommen der CDU und von Kanzlerin Angela Merkel gegenüber dem Koalitionspartner SPD: Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn. Am Donnerstag setzte die Große Koalition dieses Vorhaben um, der Bundestag stimme mit der überwältigenden Mehrheit von 535 Ja-Stimmen bei fünf Nein-Stimmen und 61 Enthaltungen für den Gesetztesentwurf.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sprach von einem "Meilenstein in der Arbeits- und Sozialpolitik der Bundesrepublik Deutschland".

Nach dem Gesetz gilt vom 1. Jänner 2015 an in Deutschland eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde. Nutznießer sind nach Regierungsangaben rund 3,7 Millionen Menschen, die bisher weniger verdienen.
Es gibt aber Ausnahmen. So gilt der Mindestlohn nicht für Jugendliche unter 18 Jahren sowie für Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung.

Für einige Bereiche gelten Übergangregelungen bis 2017.
So können Branchen mit länger laufenden Kollektivverträgen bis Ende 2016 weniger als den Mindestlohn zahlen. Für Zeitungszusteller wird der Mindestlohn von 8,50 Euro zwischen 2015 und 2017 stufenweise eingeführt. Für Saisonarbeiter, etwa in der Landwirtschaft oder in der Gastronomie, wird die Zeitspanne, in denen sie von der Sozialversicherungspflicht befreit sind, von 50 auf 70 Tage ausgeweitet.

Mindestlohn könnte 900.000 Stellen kosten

Wirtschaftsverbände warnen, dass durch den Mindestlohn Arbeitsplätze verloren gehen, die sich dann nicht mehr rechnen würden. Nach Einschätzung des Münchner ifo-Institutes könnte er bis zu 900.000 Stellen kosten. Arbeitsministerin Andrea Nahles und die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung versichern dagegen, der Mindestlohn werde keine negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben.

Deutschland ist eines der wenigen europäischen Länder, in denen es noch keinen gesetzlichen Mindestlohn gibt. Bisher kennt Europas größte Volkswirtschaft nur sogenannte Branchen-Mindestlöhne. Diese basieren auf Tarifvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, die von der Regierung als verbindlich für eine ganze Branche erklärt werden.

(APA/DPA/Reuters)

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