Slowenien: Neue Parteien, alte Grabenkämpfe

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Vor der Parlamentswahl am Sonntag liegt die Partei des liberalen Polit-Einsteigers Miro Cerar klar vor der konservativen SDS des inhaftierten Oppositionschefs Janez Janša.

Belgrad/Ljubljana. Die modernen Kommunikationsmittel machen es möglich. Auch hinter Gittern mischt Sloweniens inhaftierter Oppositionschef, Janez Janša, vor der Parlamentswahl am Sonntag kräftig im Wahlkampf mit. Per Twitter-Botschaften schließt der von den Anhängern der konservativen Demokratischen Partei (SDS) als vermeintlicher Märtyrer gefeierte und zum „einzigen politischen Gefangenen in der EU“ stilisierte Ex-Premier eine Koalition mit dem liberalen Polit-Novizen Miro Cerar resolut aus: Mit einer „Partei ohne Ehre und Programm“ werde die SDS niemals die Kräfte bündeln.

Als „Instant-Partei“ mit „Instant-Kandidaten“ und „Instant-Werten“ geißelt die um den Wahlsieg bangende SDS den grün-liberalen Parteineuling des populären Verfassungsrechtlers Cedar. Als Justizopfer präsentiert sich gleichzeitig ihr wegen Schmiergeldzahlungen bei einem dubiosen Rüstungsgeschäft zu zwei Jahren Haft verurteilter Parteichef Janša. Slowenien sei zwar unabhängig, aber von seinen kommunistischen Seilschaften „noch nicht befreit“, lautet die Botschaft des Ex-Dissidenten.

Populär mit positivem Image

Doch außerhalb der eigenen, ihm treu ergebenen Stammgefolgschaft finden Janšas Botschaften nur noch bedingt Gehör. Gegen das positive Image Cedars tut sich der polarisierende Ex-Premier schwer. In den Umfragen liegt die erst im Juni gegründete Partei Miro Cedar (SMC) klar vor der SDS.

Wieder einmal müssen die Slowenen für eine vorgezogene Wahl zu den Urnen schreiten. Und wieder steht der angeschlagenen Alpenrepublik ein politisches Erdbeben bevor, das die vertrauten Kräfteverhältnisse dennoch kaum verändern dürfte. Unversöhnlich wie bisher stehen sich das rechte und linksliberale Lager gegenüber.

Politische Dauerfehden, Korruptionsaffären und eine tiefe Finanzkrise haben den einstigen EU-Musterknaben Slowenien beinahe in den Staatsbankrott taumeln lassen. Die von Koalitionen verschiedener Couleur immer wieder angekündigten Reformen wurden auch durch die zersplitterte Parteienlandschaft, die Notwendigkeit von Vielparteienkoalitionen und fehlende Kontinuität erschwert: Wegen der vorgezogenen Neuwahlen hat die scheidende Regierungschefin Alenka Bratušek vergangene Woche die eingeleitete Privatisierung der wichtigsten Staatsunternehmen vorläufig ausgesetzt.

Wirtschaftlich herrscht im Land Stillstand, politisch ist ständiger Wandel angesagt: Auch diesmal müssen die meisten Parteien der bisherigen Regierungskoalition eine Verbannung ins außerparlamentarische Abseits fürchten. Außer Cerars Partei und Janšas SDS kann sich nur die Rentnerpartei Desus des Parlamentseinzugs sicher sein.

Das Phänomen von Niedergängen und Neugründungen vor allem auf der linken Seite des Parteispektrums ist den Slowenen vertraut. Schon nach der letzten vorgezogenen Parlamentswahl 2011 mussten zwei Drittel der Abgeordneten ihre Koffer packen: Es purzelten damals drei Parteien aus dem Parlament heraus – und drei andere hinein.

Erschwert werden die kaum verlässlichen Wahlprognosen nicht nur durch wanderlustige Wähler, sondern auch durch den ungünstigen Wahltermin: Ein Drittel der Slowenen ist Mitte Juli auf Urlaub.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2014)

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