Indiens Modi scheut vor der Radikalkur zurück

Indiens neuer Premier Narendra Modi
Indiens neuer Premier Narendra ModiAPA/EPA/STR
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Der neue Premier verzichtet im Budget auf Sparmaßnahmen, öffnet aber zaghaft die Türen Indiens für Investoren.

"Indiens Thatcher" wird er genannt oder gar „Ronald Reagan" des Subkontinents. Aber auch als „chauvinistischer Hindu-Nationalist" wurde Narendra Modi schon öfter bezeichnet. Der neue indische Premier, der bei der Parlamentswahl im April einen historischen Sieg für seine Hindu-Nationalistische Partei BJP einfuhr, polarisierte von Anfang an.

Doch inzwischen hat der populäre Politiker auch unter seinen Kritikern innerhalb der Business-Community hohe Erwartungen geweckt, die drittgrößte Wirtschaft Asiens wieder auf Trab zu bringen. Denn sein Programm klingt radikal: Er versprach „eine Million Jobs" und erklärte dem schwerfälligen, korrupten bürokratischen Apparat den Krieg. Und er kündigte eine „bittere Medizin" an, um die Finanzen wieder in Ordnung bringen.

Erste große Bewährungsprobe

Am Donnerstag stellte sich Modi mit dem Budget für 2015 seiner ersten großen Bewährungsprobe - und ganz so bitter wie angekündigt schmeckt die Medizin dann doch nicht: Statt einer Radikalkur kündigte Finanzminister Arun Jaitley erste Schritte an, um Investoren nach Indien zu locken: So soll die Obergrenze für Direktinvestitionen aus dem Ausland in der Rüstungs- und Versicherungsbranche von 26 Prozent auf 49 Prozent erhöht werden. Zudem wird sich ein Ausschuss mit rückwirkenden Steuern befassen - der Streit über eine entsprechende Milliardenforderung an die britische Vodafone führte dazu, dass sich ausländische Firmen zuletzt von Indien fernhielten.

Geplant sind weiter Vereinfachungen im Steuersystem - sowie Subventionen für Bauern. Und noch mehr Geld soll ins Militär fließen (die Ausgaben sollen um zwölf Prozent auf 38,36 Milliarden Dollar steigen) - wohl auch mit Blick auf das aufstrebende China.

Ratingagenturen sind skeptisch

Von den groß angekündigten Sparmaßnahmen war aber nicht mehr die Rede. Jaitley will trotz höherer Ausgaben am Defizitziel der Vorgängerregierung (4,1 Prozent des BIPs) festhalten, was Ratingagenturen skeptisch macht: Es sei nicht klar, wie Indien die Budgetgrenze nicht überschreiten werde. Die Regierung argumentiert, dass angesichts verhältnismäßig niedriger Wachstumsraten von unter fünf Prozent radikales Sparen kontraproduktiv wären: Armut könne nur bekämpft werden, wenn die Wirtschaft mindestens um acht Prozent wachse. 363 Millionen Inder - 30 Prozent der Bevölkerung - müssen mit weniger als 40 Cent pro Tag (57 Cent in Städten) auskommen. Hinzu kommen hohe Inflationsraten (acht Prozent), die sich auf Lebensmittelpreise auswirken und bereits für Unruhen gesorgt haben. Kritiker glauben hingegen, dass Modi anstehende Regionalwahlen im Blick hat.

Obama setzt auf Modi

Trotzdem dürfte Modis neu erworbenes Image als Reformer vorerst nicht darunter leiden: Derzeit geben sich ausländische Delegationen in Indien die Klinke in die Hand - wohl auch wegen der lockenden Rüstungsgeschäfte. Und Washington sieht den neuen starken Mann Indiens als potenziellen Partner gegen China: Barack Obama wird den Premier im September empfangen. Modi, dem als Gouverneur von Gujarat Mitverantwortung am 2002 verübten Massaker an Moslems vorgeworfen wird, durfte bisher nicht in die USA reisen.

Wie sehr sich Modi an das Versprechen, Religionsfreiheit und Sprachpluralismus zu respektieren, halten wird, wird sich erst weisen. Als neuer BJP-Chef wurde jedenfalls sein Freund, Amit Shah, nominiert. Der radikale Hindu wird angeklagt, einen Moslem ermordet zu haben. Vor allem aber sorgte Modi bereits für eine kleine diplomatische Revolution, die unter Minderheiten für Skepsis sorgt: Bisher empfingen indische Regierungschef ausländische Gäste immer auf Englisch - eine der beiden Amtssprachen. Modi spricht Hindi.

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