Grünes Licht für „harte Angriffe“

MIDEAST PALESTINIANS ISRAEL CONFLICT
MIDEAST PALESTINIANS ISRAEL CONFLICT(c) APA/EPA/OLIVER WEIKEN
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Der ägyptische Plan für eine Waffenruhe ist nach nur wenigen Stunden gescheitert. Nachdem sich die Hamas nicht daran gehalten hatte, nahm Israel die Luftangriffe erneut auf.

Jerusalem. Die Hoffnung währte nur kurz. Nur knappe sechs Stunden hatte - zumindest auf israelischer Seite - die von Ägypten vermittelte Waffenruhe in Nahost gehalten: Am Dienstag nahm Israel seine Luftangriffe auf den Gazastreifen wieder auf, und Premier Benjamin Netanjahu drohte sogar mit einer Ausweitung des Militäreinsatzes. Während Israel noch in der Früh der Feuerpause zugestimmt hatte, feuerten Islamisten Raketen über weite Regionen Israels ab. Ein Geschoß aus dem Gazastreifen tötete erstmals einen Israeli. Wie Israels Armee bekannt gab, handelt es sich um einen 38-jährigen Zivilisten, der in der Nähe des Grenzübergangs Erez zum Gazastreifen Soldaten mit Nahrung versorgte. Am frühen Nachmittag gab Netanjahu der Luftwaffe erneut grünes Licht für „harte Angriffe gegen Terrorziele" im Gazastreifen.

Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri will erst aus den Medien davon erfahren haben, dass Ägypten einen Kompromiss vorgelegt hat. Niemand habe die Hamas darüber informiert, sagte er. Dagegen zitierte die liberale Zeitung „Haaretz" einen Funktionär des Islamischen Jihad, der die Vorschläge schon am Vorabend erhalten haben will. Beide islamistischen Bewegungen sprechen sich normalerweise ab, trotzdem blieben die Nachrichten aus dem Gazastreifen widersprüchlich. Hieß es einmal, man lehne die Feuerpause ab, meldeten andere Medien, dass die Beratungen angeblich andauerten.

Laut dem Sender al-Jazeera ist die radikale Gruppierung gespalten. Die politische Führung der Hamas und ihr bewaffneter Arm, die Kassam-Brigaden, zögen nicht am selben Strang. Die Vorschläge, wie die Medien sie publizierten, seien „die Tinte nicht wert, mit der sie geschrieben wurden", hieß es in einer Erklärung der Kampfbrigaden. Sie kündigten an, „die Schlacht mit dem Feind fortzusetzen und grausam zu verschärfen".
Der Hamas geht der ägyptische Plan offenbar nicht weit genug: Die Hamas hat eigentlich gehofft, dass die in der Vorwoche im Westjordanland verhafteten Islamisten freigelassen werden würden. Zudem forderten die Islamisten, dass ausstehende Gehälter für den öffentlichen Dienst ausgezahlt und die Grenzen geöffnet werden sollen.

Der ägyptische Vorschlag ist jedoch kaum mehr als ein Rahmenplan. Zunächst soll es eine Waffenruhe geben, anschließend werde über Regelungen verhandelt, hieß es. Der Plan sieht die Öffnung der Grenzen vor, allerdings erst, „wenn die Sicherheitssituation stabil ist". Eine Amnestie für Hamas-Häftlinge ist aber nicht geplant. „Wir kämpfen dafür, die Unterdrückung unseres Volkes zu beenden", so Hamas-Sprecher Abu Suhri. „Ein Waffenstillstand war nicht unser Ziel."

Weg für Gespräche geebnet

Selbst wenn noch keine konkrete politische Lösung vorliege, so sei mit den ägyptischen Plänen zumindest der Weg für Gespräche geebnet worden, sagte Deutschlands Außenminister, Frank-Walter Steinmeier, in Jerusalem. Deutschland, so betonte er, übernehme keine Vermittlerrolle. „Aber uns liegt die Sicherheit Israels und der israelischen Bevölkerung am Herzen." Steinmeier sagte auch, dass „die Lebensbedingungen in Gaza verbessert werden müssen". Der Küstenstreifen dürfe „nicht auf Dauer ein Waffenlager für die Hamas bleiben", und auch die Menschen, die dort leben „dürfen nicht dauerhaft in Geiselhaft genommen werden".

Auch US-Außenminister John Kerry hält sich als Vermittler bereit. Eine ursprünglich geplante Reise nach Kairo sagte er zunächst ab. „Ein Angebot liegt auf dem Tisch." Er plädierte dafür, dem ägyptischen Vermittlungsversuch mehr Zeit einzuräumen. „Ich kann die Attacken der Hamas nicht scharf genug verurteilen", so Kerry in Wien. „Die Hamas provoziert, sie spielt ein politisches Spiel, um Unterstützung zu gewinnen." Neben Ägypten schaltete sich auch Katar in die Vermittlungsgespräche ein. Hier lebt Hamas-Politbürochef Khaled Mashal im Exil. Bereits in der Nacht auf Dienstag berieten die Außenminister der Arabischen Liga in einer Dringlichkeitssitzung über Lösungen. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, der gestern mit Außenminister Steinmeier in Ramallah zusammentraf, will nach Kairo reisen.

AUF EINEN BLICK

Weitere Infos:www.diepresse.com/nahost Seit Beginn der israelischen Luftangriffe vor einer Woche wurden fast 200 Palästinenser getötet. Die Hamas feuerte hunderte Raketen auf Israel. Am Dienstag wurde ein Israeli tödlich getroffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2014)

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