Kosovo: Neuer Bericht zu UÇK-Verbrechen

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EU-Ermittler ging Vorwurf des Organhandels nach.

Belgrad/Prishtina. In Serbien und dem Kosovo fiebert man gebannt dem Bericht des von der EU beauftragten Sonderermittlers Clint Williamson entgegen: Am Dienstag will der US-Jurist sich zu den von der kosovarischen Untergrundarmee UÇK begangenen Kriegsverbrechen am Ende des Kosovo-Kriegs 1999 äußern.

2010 hatte Dick Marty, Sonderermittler des Europarats, einen Bericht vorgelegt, der vor allem Premier und Ex-UÇK-Führer Hashim Thaçi schwer belastete: Der Schweizer warf der UÇK Folter und Mord von nach Albanien verschleppten Zivilisten vor – und den Handel mit Organen. Gerichtsverwertbare Beweise legte Marty nicht vor – deshalb setzte die EU ein Sonderermittlungsteam ein.

Keine Beweise

Mehr als 13.000 Menschen wurden während und nach dem Krieg getötet oder gelten bis heute als vermisst, über 10.000 Todesopfer waren Albaner. Marty hatte sich mit dem Schicksal von rund 500 vermissten Zivilisten beschäftigt, die nach Kriegsende 1999 von der UÇK in geheime Gefangenenlager in Albanien verschleppt worden seien, 400 davon Kosovo-Serben. Während Serbien von hunderten Opfern spricht, berichtete Marty von einer „kleinen Gruppe“, der nach der Ermordung die Nieren entnommen worden seien. Dies wies Thaçi stets zurück. Laut Medien soll auch Williamson nicht genügend Beweise für den Organhandelvorwurf gefunden haben. Dafür sei mit Kriegsverbrecheranklagen gegen zehn Ex-UÇK-Kämpfer zu rechnen, darunter aktuelle Politiker.

Das könnte für die stockenden Regierungsverhandlungen Konsequenzen haben: Bei der Wahl im Juni wurde Thaçis Partei zwar wieder stärkste politische Kraft, verfehlte aber die Mehrheit. Eine Klage wegen Kriegsverbrechen könnte die Comeback-Pläne des Oppositionspolitikers Ramush Haradinaj, ebenfalls Ex-UÇK-Kommandant, ins Wanken bringen. (ros)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2014)

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