Führer des Terrorregimes stehen vor Gericht

CAMBODIA 30th ANNIVERSARY OF KHMER ROUGE REIGN OF TERROR
CAMBODIA 30th ANNIVERSARY OF KHMER ROUGE REIGN OF TERROR(c) EPA (Heng Sinith)
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Zwei hochrangige Funktionäre der Roten Khmer müssen sich wegen Genozids, Vergewaltigungen und Mordes in den 1970er-Jahren verantworten. Die Verfahren könnten Kambodschas Innenpolitik durcheinanderwirbeln.

Bangkok/Phnom Penh. Ein Tribunal in Kambodschas Hauptstadt, Phnom Penh, hat den zweiten Prozess gegen ehemalige Vertreter des Regimes der Roten Khmer in die Wege geleitet. Dabei wurden die Verfahrensregeln für den Prozess festgelegt, der im September oder Oktober beginnen soll. Die Steinzeitkommunisten der Roten Khmer hatten in Kambodscha ein Terrorregime errichtet, dem 1975 bis 1979 etwa 1,7 Millionen Menschen zum Opfer fielen – etwa ein Viertel der damaligen Bevölkerung. Geführt wurde das Regime von Machthaber Pol Pot. Sein damaliger Stellvertreter, Nuon Chea, und der ehemalige Staatschef, Khieu Samphan, werden sich nun während des neuen Verfahrens einer langen Liste von Vorwürfen stellen müssen: Es geht unter anderem um Genozid, Vergewaltigungen, Morde bei Säuberungen in den eigenen Reihen und Morde bei Großbauprojekten. Khieu Samphan nahm an der Anhörung teil und machte sich Notizen. Nuon Chea blieb der Gerichtssitzung aus gesundheitlichen Gründen fern.

Das hohe Alter der Angeklagten – sie sind beide älter als 80 Jahre – war einer der Hauptgründe dafür, dass das enorm komplexe Verfahren in mehrere kleinere Prozesse unterteilt worden ist. Das Gericht hoffte, so zumindest einige der Teilprozesse abschließen zu können, solange die Angeklagten noch am Leben sind. Die Sorge ist nicht unberechtigt: Ex-Außenminister Ieng Sary, der ebenfalls unter Anklage stand, starb im Vorjahr.

Streit um Politiker-Vorladung

Kommende Woche wird das Urteil in dem ersten Verfahren gegen die beiden ehemals führenden Rote-Khmer-Kader erwartet. Bei diesem Prozess geht es vor allem um die Zwangsevakuierung Phnom Penhs und die Ermordung von Soldaten des damals gestürzten Lon-Nol-Regimes. Die Roten Khmer hatten nach ihrer Machtübernahme die Einwohner zum Verlassen der Hauptstadt gezwungen.

Doch bereits vor dem Beginn des Verfahrens dürfte es Ärger geben. Nuon Cheas Anwälte beantragten am Mittwoch, drei hochrangige Politiker als Zeugen vorzuladen: Parlamentspräsidenten Heng Samrin, Senatspräsidenten Chea Sim und Senator Ouk Bunchoeun. Alle drei waren einst hochrangige Kader der Roten Khmer, bis sie vor den Säuberungsaktionen in den eigenen Reihen flohen und an der Seite der vietnamesischen Armee zum Sturz des Regimes im Jahr 1979 beitrugen.

Kambodschas Premierminister, Hun Sen, war ebenfalls früher ein Mitglied der Roten Khmer. Frühere Versuche von Verteidigern, hochrangige Politiker als Zeugen vorzuladen, haben schwere politische Verwerfungen verursacht und sind allesamt eingestellt worden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.08.2014)

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