Vorwurf Spionage und Steuerbetrug: Baku sperrt Menschenrechtler ein

(c) FABRY Clemens
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Die in Aserbaidschan Inhaftierte sprechen von „politisch motivierten“ Vorwürfen gegen sie.

Wien/Baku. Bei seinem letzten Besuch in Wien im Dezember 2013 konnte der aserbaidschanische Menschenrechtsaktivist Rasul Jafarow die Frage der „Presse“, ob ihn die Behörden schon einmal an der Aus- oder Einreise behindert hätten, noch freudig verneinen. Seither hat sich alles geändert.

Jafarow, ein kluger und aufgeweckter 29-Jähriger, ist seit einigen Jahren in der autokratisch geführten Kaukasusrepublik aktiv – und viel im In- und Ausland unterwegs. Jafarow berichtete in Wien, dass die Behörden durch bürokratische Hürden die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen erschwerten, darunter auch die seines Menschenrechtsclubs. Jafarows Aktivitäten – internationale Bekanntheit erlangte seine Kampagne Sing for Democracy anlässlich des Songcontest 2012 – dürften Baku ein Dorn im Auge gewesen sein.

Am vergangenen Samstag wurde Jafarow in dreimonatige Untersuchungshaft genommen. Die Vorwürfe gegen ihn lauten Steuerhinterziehung, illegale unternehmerische Tätigkeit und Machtmissbrauch. Jafarow sehe sich als Opfer staatlicher Repression, sagte sein Anwalt Chalid Bagirow, die Vorwürfe seien „politisch motiviert“. Jafarow muss seine Verhaftung kommen gesehen haben: Seine Bankkonten waren schon im Juli gesperrt worden, und er durfte nicht mehr außer Landes reisen.

Aserbaidschan geht derzeit scharf gegen Regimekritiker vor. Drei Tage vor Jafarows Arrest wurde die prominente Aktivistin Leyla Junus wegen des Vorwurfs der Spionagetätigkeit für Armenien in dreimonatige Untersuchungshaft genommen. Spionage gilt als der schwerwiegendste Vorwurf gegen Kritiker; er soll Persönlichkeiten diskreditieren und isolieren.

Zwischen Armenien und Aserbaidschan, das derzeit übrigens dem Europarat vorsitzt, wachsen derzeit die Spannungen um die von Armenien besetzte Region Berg-Karabach. An der Waffenstillstandslinie starben in den vergangenen Tagen 15 Soldaten durch Schusswechsel. Aserbaidschan, das eine Rückeroberung des Gebiets mehrfach angedroht hat, könnte die derzeitige volatile Lage dazu nutzen, um kritische Stimmen im eigenen Land verstummen zu lassen. (som)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2014)

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