Jihadisten wollen USA "in Blut ertränken"

Militant Islamist fighters parade on military vehicles along the streets of northern Raqqa province
Militant Islamist fighters parade on military vehicles along the streets of northern Raqqa province(c) REUTERS (STRINGER)
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Die Extremisten des "Islamischen Staats" drohen den USA in einem Video, während US-Präsident Obama die Amerikaner auf eine lange Anti-Terror-Mission einschwor. Iraks Armee setzt zum Sturm auf Saddams Heimat an.

Die sunnitische Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) hat den USA massiv gedroht: Sollten IS-Kämpfer im Irak von US-Luftschlägen getroffen werden, würden US-Bürger ihrerseits das Ziel von Angriffen, und zwar überall. Dies erklärte die Miliz in einem am Montagabend veröffentlichten Video. US-Präsident Barack Obama schwor sein Land unterdessen auf eine langfristige "Anti-Terror"-Mission im Irak ein.

In englischer Sprache hieß es in dem IS-Video: "Wir werden Euch alle in Blut ertränken." Es waren darin Aufnahmen eines während der US-Besatzungszeit im Irak enthaupteten Amerikaners und Opfer von Scharfschützen zu sehen.

Armee startet Offensive auf Tikrit

Kurdische Kämpfer und irakische Regierungssoldaten werden seit einigen Tagen von der US-Luftwaffe im Nordirak im Kampf gegen die IS-Miliz unterstützt. Sie eroberten dabei den strategisch wichtigen Mossul-Staudamm zurück, wie Obama bestätigte. Die IS-Miliz hält große Teile des Irak besetzt und hat Zehntausende Christen und Angehörige der Minderheit der Yeziden  vertrieben. Bisher konzentriert sich die Gruppe auf die Eroberung von Land im Irak und Syrien für das von ihr Ende Juni ausgerufene Kalifat. Spektakuläre Angriffe auf westliche Ziele gab es bisher nicht.

Die irakische Armee, die bisher im Kampf gegen die Extremisten gar keine gute Figur gemacht hat, begann unterdessen am Dienstag eine Offensive zur Rückeroberung der Stadt Tikrit. Es handelt sich dabei um die Heimatstadt des von den USA 2003 gestürzten und vom Irak 2006 hingerichteten Ex-Diktators Saddam Hussein. Sie liegt rund 160 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bagdad. Der Vormarsch werde allerdings durch Landminen, Sprengfallen und Heckenschützen erschwert, hieß es seitens der Armee.

Eine Rückeroberung Tikrits wäre auch deshalb bedeutsam, weil dort viele Anhänger des "Islamischen Staates" leben. Es handelt sich dabei in der Regel um Sunniten aus dem Saddam-Lager, die von der anti-sunnitischen Politik des zurückgetretenen Premiers Nuri al-Maliki entfremdet wurden.

"Es wird Zeit brauchen"

Um das Blatt gegen IS zu wenden, werde Washington die neue irakische Regierung unterstützen und mit Schlüsselpartnern in der Region zusammenarbeiten, sagte Obama am Montag vor Journalisten in Washington: "Es wird Zeit brauchen." Obama weiter: "Es sollte keinen Zweifel daran geben, dass das Militär der Vereinigten Staaten weiterhin die begrenzten Einsätze ausführen wird, die ich autorisiert habe." Es gehe weiter darum, die Extremisten zurückzudrängen, um Amerikaner und US-Einrichtungen zu schützen. Die Regierung habe sich mit dem Kongress über die Strategie im Irak abgestimmt und werde das auch in den kommenden Wochen tun. Zugleich stellte Obama klar: "Wir schicken nicht tausende US-Truppen zurück auf den Boden."

Den Vorstoß kurdischer Kämpfer zum strategisch wichtigen Mossul-Staudamm lobte Obama als wichtigen Schritt. Ein Bruch des Staudamms hätte tausende Menschenleben sowie die große US-Botschaft in Bagdad gefährdet.

Obama drängt auf Einheitsregierung

Obama drängte den designierten irakischen Ministerpräsidenten Haider al-Abadi, eine neue Regierung unter Einschluss aller Volksgruppen zu bilden, um das Vertrauen der gesamten irakischen Bevölkerung zu erlangen. Abadi habe ihn bei einem Telefonat mit seiner "Vision für eine Einheitsregierung" beeindruckt. "Aber jetzt müssen sie das auch hinbekommen, weil der Wolf schon vor der Tür steht", sagte Obama über den Vormarsch der IS in den vergangenen Wochen. Mithilfe "effektiver Partner am Boden" sei das Scheitern der US-Luftangriffe und der gesamten Mission weitaus weniger wahrscheinlich.

Die US-Luftwaffe flog am Montag weitere Luftangriffe auf die Rebellen nahe des von IS zurückeroberten Staudammes im Nordirak. Wie das für die Region zuständige US-Militärkommando Centcom mitteilte, wurden durch die 15 Angriffe neun Kampfstellungen der Jihadisten, ein Kontrollpunkt und sieben gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Der Staudamm hat für die Stromversorgung von Mossul und der gesamten Region eine enorme Bedeutung. Das nächste Ziel sei die Befreiung der Millionenstadt Mossul selbst, kündigte ein Sprecher der Antiterror-Einheiten in Bagdad an. Das US-Militär sind nach eigenen Angaben seit dem 8. August insgesamt 68 Luftangriffe im Irak geflogen.

"Bedrohung ist akuter geworden"

Die USA arbeiten auch an einem internationalen Bündnis, um die humanitäre Lage im Irak einzuschätzen und zu verbessern, etwa durch die Lieferung von Lebensmitteln. Zu den Partnerländern gehören Großbritannien, Kanada, Frankreich, Italien und Australien. Im kommenden Monat wird der US-Präsident zudem eine Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats leiten, bei der es um die wachsende Zahl ausländischer Kämpfer in den Krisenländern Irak und Syrien gehen soll. Das Problem an sich sei zwar nicht neu, "aber die Bedrohung ist akuter geworden", sagte ein Vertreter der US-Botschaft bei den Vereinten Nationen der Nachrichtenagentur AFP. Obama werde sich der Sache deshalb persönlich annehmen.

Washington geht davon aus, dass sich 12.000 ausländische Kämpfer den Aufständischen im Irak und in Syrien angeschlossen haben, die inzwischen weite Landesteile kontrollieren. Für Obama wird es das zweite Mal sein, dass er eine Sitzung des Weltsicherheitsrats in New York leitet. Vor fünf Jahren führte er den Vorsitz bei einem Treffen zum Verbreitungsstopp für Atomwaffen.

(APA/AFP/Reuters/DPA/Red.)

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