Ferguson: US-Polizei nimmt deutsche Journalisten fest

USA MISSOURI SHOOTING
USA MISSOURI SHOOTINGAPA/EPA/LARRY W. SMITH
  • Drucken

Auch "Standard"- und "Welt"-Korrespondent betroffen. Unterdessen sollen Demonstranten auf zwei Menschen geschossen haben.

Bei ihrer Berichterstattung über die Proteste in der US-Kleinstadt Ferguson im US-Bundesstaat Missouri sind drei deutsche Journalisten von der Polizei vorübergehend festgenommen worden. Laut Medienberichten wurden Ansgar Graw, Frank Herrmann und Lucas Hermsmeier in Handschellen abgeführt.

Während die ersten beiden drei Stunden später wieder freigelassen wurden, sollte ist Hermsmeier ("Bild") offenbar ins Gefängnis von St. Louis gebracht werden. Graw schreibt für die Mediengruppe "Die Welt", gelegentlich berichtete er auch für "Der Presse". Herrmann schreibt für eine Reihe von Regionalzeitungen und den "Standard". Hintergrund der Festnahme soll laut dem "Welt"-Bericht eine Aufforderung der Polizei gewesen sein, auf einer fast menschenleeren Straße nicht stehen zu bleiben.

Vorwürfe "völlig absurd"

Beide Reporter versicherten, der Aufforderung gefolgt zu sein. Die Vorwürfe seien "völlig absurd", hätten Journalisten einschüchtern und von ihrer Arbeit abhalten sollen, sagte Hermann.

Polizisten hatten die beiden Journalisten angewiesen, auf der Straße, auf der nachts Proteste stattgefunden hatten, aber zum Zeitpunkt der Verhaftung alles ruhig und nahezu menschenleer war, nicht stehen zu bleiben, berichtete Der "Standard" auf seiner Homepage. Graw und Herrmann versichern, dass sie dieser Order nachkamen.

"Die Polizei wollte verhindern, dass wir unseren Auftrag, über die Vorgänge in Ferguson zu recherchieren, erfüllen können", sagte Graw. "Das ist eine eklatante Verletzung der Pressefreiheit." Herrmann bezeichnete die Vorwürfe als "völlig absurd. Sie dienten offenkundig nur dem Zweck, Reporter einzuschüchtern und damit von ihrer Arbeit abzuhalten." Die Polizei in Ferguson war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Das Vorgehen der Polizei gegen Journalisten war in den vergangenen Tagen kritisiert worden. Zwei Reporter waren etwa in einem Fast-Food-Restaurant festgenommen worden, darunter ein Journalist der "Washington Post". Ein Kamerateam soll von der Arbeit abgehalten worden sein. Seit den tödlichen Schüssen auf einen schwarzen Teenager durch einen weißen Polizisten kam es in Ferguson immer wieder zu Protesten und Unruhen.

Schon am Montag hatte die Fotoagentur Getty Images laut "Der Standard" mitgeteilt, dass einer ihrer Fotografen in Ferguson festgenommen worden sei. Scott Olson sei vorübergehend in Gewahrsam genommen worden, als er Bilder von einer Demonstration aufnahm. Kurz darauf wurde er wieder freigelassen. Getty Images verurteilte die Festnahme.

Auch nach der Ankunft der Nationalgarde kam unterdessen die Kleinstadt Ferguson im US-Bundesstaat Missouri nicht zur Ruhe. In der Nacht zum Dienstag kam es erneut zu vereinzelten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Dabei sind zwei Menschen durch Schüsse von Demonstranten verletzt worden. Wie die Polizei am Dienstag mitteilte, setzten ihre Beamten bei den nächtlichen Zusammenstößen selbst Tränengas, aber keine Schusswaffen ein. Demnach wurden bei den Unruhen in dem Vorort der Millionenstadt St. Louis 31 Menschen festgenommen.

"Unverhältnismäßige Härte der Polizei"

US-Präsident Barack Obama sagte zum Vorgehen der Ordnungshüter: "Es gibt keine Entschuldigung für unverhältnismäßige Härte der Polizei." Er kündigte an, dass Justizminister Eric Holder Ferguson am Mittwoch besuchen werde, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Anrainer rief er dazu auf, friedlich zu bleiben. Das Justizministerium und das FBI ermitteln derzeit, wie es zum Tod Michael Browns kam.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

epaselect USA NEW YORK BROWN SHOOTING PROTEST
Weltjournal

USA: Obama, Ferguson und die Folgen

Die Debatte über Polizeigewalt verlagert sich zur Frage, wie sich Polizeirassismus eindämmen lässt. Dafür gibt es Vorbilder, an denen sich die Bundesregierung nun orientiert.
Weltjournal

Ferguson: Eltern finden Polizisten-Äußerung "respektlos"

Die Eltern des erschossenen Jugendlichen reagieren geschockt auf das Fernsehinterview des US-Polizisten. Es würde "alles nur noch schlimmer machen".
Demonstranten setzen ein Polizeiauto in Brand.
Weltjournal

Ferguson-Todesschütze: "Habe Job richtig gemacht"

US-Präsident Obama verurteilt die Ausschreitungen in der US-Kleinstadt Ferguson. Der Polizist Darren Wilson, der den schwarzen Jugendlichen Michael Brown erschossen hat, behauptet, "ein reines Gewissen" zu haben.
during a demonstration in Oakland, California following the grand jury decision in the shooting of Michael Brown in Ferguson, Missouri
Außenpolitik

USA: Der Zorn des schwarzen Amerika

Die Ausschreitungen in der Kleinstadt Ferguson verdeutlichen die tiefe Kluft zwischen Amerikas schwarzer Jugend und den Polizeibehörden – aber auch die fatale politische Apathie vieler Afroamerikaner.
Leitartikel

Eine Gesellschaft, in der sich ein Teil ausgesperrt fühlt, hat ein Problem

Dass mit Obama erstmals ein Schwarzer Präsident wurde, war ein Meilenstein im Kampf für Gleichberechtigung. Doch es gilt, noch viele Probleme zu lösen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.