Russland: Medwedjew zieht es zuerst in den Osten

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Der neue Präsident unternahm seine ersten Auslandsreisen nach Zentralasien und nach China.

MOSKAU.Das neue russische Führungsduo zieht bei seinen ersten Auslandsreisen nach der jüngsten Machtrochade offenbar vertrautes Terrain vor. Der neue Präsident Dmitrij Medwedjew hat sein Debüt zunächst in Kasachstan und am Freitag dann in China gegeben. Das sei kein Zufall, meinte er bei seiner ersten Station, vielmehr eine „Demonstration der Zusammenarbeit und der besonders brüderlichen Beziehungen“.

Die Zielwahl erleichtere Medwedjew den Start, meinen russische Kommentatoren. Der 42-Jährige sei auf dem außenpolitischen Parkett unerfahren und behalte sich den viel heikleren Westen für später vor.

Im Osten setzt man indes auf Kontinuität. Zum einen mit Kasachstan, wo der dortige Langzeitpräsident Nursultan Nasarbajew die alte Idee einer Eurasischen Union aufwärmte und Medwedjew eine langfristige Vereinbarung über eine Integration der beiden Ökonomien vorschlug. Nach früheren Plänen waren auch die Ukraine und Weißrussland dafür vorgesehen gewesen, in der jetzigen Konzeption scheiden diese beiden Staaten aus.

Moskau will Monopol behalten

Russlands Kooperation mit Kasachstan bezieht sich nicht nur auf die Raumfahrt, sondern auch auf den Öl- und Gassektor – und auf Uran. Russland will sein Monopol auf den zentralasiatischen Gas- und Ölexport gesichert wissen und opponiert gegen Pläne der Europäer, über eine neue Pipeline durch das Kaspische Meer direkten Zugang zu kasachischen und turkmenischen Energieträgern zu erlangen.

Um Energiefragen ging es auch bei Medwedjews Besuch am Freitag in China. Jahrelang war der Wirtschaftsaustausch mit China auf niedrigem Niveau, mittlerweile ist das Reich der Mitte zum drittgrößten Wirtschaftspartner Russlands (Warenaustausch 48 Mrd. Dollar) aufgestiegen, exportiert allerdings nun mehr nach Russland als von dort kommt. Russland würde neben Waffen auch gern andere höherwertige Produkte liefern, kommt derzeit aber kaum über Rohstoffe wie Rundholz hinaus.

Außerdem hinkt es mit Exportrouten für Öl und Gas nach. Obwohl Russland den Europäern in den letzten Jahren häufig mit der Umlenkung seiner Gasexporte nach Asien gedroht hatte, fehlt neben Pipelines etwa auch eine Preisvereinbarung über Gaslieferungen nach China. Kontinuität wurde in China auf politischer Ebene demonstriert. Häufig hatten die beiden Staaten zuletzt gemeinsame Positionen in heiklen internationalen Fragen eingenommen.

Gemeinsam gegen US-Raketenabwehr

Auch am Freitag verurteilten sie die US-Raketenabwehrpläne. Diese schadeten den internationalen Bemühungen um Rüstungskontrolle und Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Außerdem sei die Raketenabwehr nicht hilfreich für ein strategisches Gleichgewicht und Stabilität. Damit setzt Medwedjew fürs Erste den Kurs Putins fort. Während Medwedjew in Astana und Peking die Kräfte gegenüber einem zu starken westlichen Einfluss in Zentralasien bündelte, nahm Putin am Freitag am Gipfel der Premierminister aus den GUS-Staaten in Minsk teil. In der lahmen Gemeinschaft Unabhängiger Staaten führt derzeit die ukrainische Premierministerin Julia Timoschenko – eine Widersacherin Putins – den Vorsitz. Auf der Tagesordnung in Minsk standen die wirtschaftlichen Entwicklung der GUS – unter anderem die Koordinierung der Transportpolitik, Lebensmittelsicherheit, Arbeitsmigranten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2008)

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