Syrien: US-Militäreinsatz zur Geiselbefreiung gescheitert

Das Pentagon hat vor der Ermordung des Journalisten James Foley Luft- und Bodenstreitkräfte eingesetzt, um US-Geiseln aus den Händen der IS-Jihadisten zu befreien. Die Aktion scheiterte.
Das Pentagon hat vor der Ermordung des Journalisten James Foley Luft- und Bodenstreitkräfte eingesetzt, um US-Geiseln aus den Händen der IS-Jihadisten zu befreien. Die Aktion scheiterte.(c) REUTERS (KEVIN LAMARQUE)
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Das Pentagon hat vor der Ermordung des Journalisten James Foley Luft- und Bodenstreitkräfte eingesetzt, um ihn und andere Geiseln aus den Händen der IS-Jihadisten zu befreien. Die Aktion scheiterte.

Die USA haben nach eigenen Angaben erst kürzlich vergeblich versucht, US-Geiseln aus den Händen der Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS) in Syrien zu befreien. An dem Einsatz seien Luft- und Bodentruppen beteiligt gewesen, teilte das Pentagon am Mittwoch in Washington mit. Unter den gesuchten Geiseln war auch der seit 2012 vermisste US-Journalist James Foley, der nun hingerichtet wurde.

US-Präsident Barack Obama habe in diesem Sommer grünes Licht für einen Militäreinsatz zur Rettung von in Syrien verschleppten US-Bürgern gegeben, teilte das Weiße Haus mit. Nach Angaben von Pentagon-Sprecher John Kirby war der Befreiungsversuch "unglücklicherweise nicht erfolgreich", weil die Geiseln nicht an dem vom US-Geheimdienst genannten Ort gewesen seien. Die Namen und die Zahl der gesuchten Geiseln nannte die US-Regierung nicht. Wann und wo der Befreiungsversuch stattfand, blieb ebenfalls unklar.

Kommandoaktion von Elitesoldaten

Die "New York Times" berichtet, zwei Dutzende Elitesoldaten seien "in einer komplizierten Aktion" per Hubschrauber in einer abgelegenen Gegend im Norden Syriens abgesetzt worden. Im Verlauf der Operation seien sie in ein Feuergefecht mit den Terroristen verwickelt worden. Die Regierungsvertreter gingen davon aus, dass dabei mehrere Jihadisten getötet worden seien.

Wie die "Washington Post" unter Berufung berichtet, gehörten sowohl Foley als auch der seit dem Jahr 2013 entführte US-Reporter Steven Sotloff zu der gesuchten Gruppe. Mit Sotloffs Tötung drohen die IS-Kämpfer ebenfalls. Wie die Zeitung weiter schreibt, waren dutzende Spezialkräfte an dem ersten bekannt gewordenen Einsatz von US-Bodentruppen in Syrien seit dem Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 beteiligt. Ein Soldat wurde demnach bei einem heftigen Feuergefecht mit IS-Kämpfern verletzt.

Lösegeld von 100 Mio. Dollar

Der 40-jährige Foley war im November 2012 im Norden Syriens verschleppt worden. Auf einem Video, das die Jihadisten am Dienstag im Internet veröffentlichten, ist zu sehen, wie ein vermummter IS-Kämpfer, der mit britischem Akzent spricht, Foley enthauptet. Der Journalist war für die Website "GlobalPost", die Nachrichtenagentur AFP und andere Medien tätig. Nach Darstellung der Jihadisten wurde Foley hingerichtet, nachdem Obama Luftangriffe gegen IS-Stellungen im Irak angeordnet hatte.

Vor seiner Ermordung benachrichtigten die Jihadisten Foleys Familie, wie der Chef der "GlobalPost", Philip Balboni, dem US-Fernsehsender MSNBC sagte. Die Geiselnehmer seien mehrere Wochen lang mit der Familie und der Website in Kontakt gewesen. Zwischenzeitlich habe er sogar auf Verhandlungen über eine Freilassung des Reporters gehofft, sagte Balboni. Nach Angaben der "New York Times" verlangte der IS eion Lösegeld von 100 Mio. Dollar. Dann sei der Kontakt aber abgebrochen. Nach Beginn der US-Luftangriffe hätten sich die Entführer dann wieder bei den Eltern gemeldet und die Hinrichtung Foleys angekündigt.

Obama: Jihadistischer "Krebs"

Die Ermordung des Journalisten vor laufender Videokamera löste weltweit Entsetzen aus. Obama rief dazu auf, den jihadistischen "Krebs" im Irak und in Syrien gemeinsam auszumerzen. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte das Verbrechen auf das Schärfste.

Foleys sichtlich erschütterter Vater sagte, sein Sohn sei als "Märtyrer für die Freiheit" gestorben. John Foley und seine Frau Diane würdigten ihren Sohn als "mutigen, heldenhaften und mitfühlenden Journalisten und Amerikaner".

300 zusätzliche US-Soldaten in den Irak

Die US-Luftwaffe griff nach eigenen Angaben nach den Drohungen der Jihadisten vom Dienstag, auch Sotloff zu töten, 14 Mal IS-Stellungen im Nordirak an. Wie ein ranghoher US-Beamter sagte, wollen die USA zudem möglicherweise bis zu 300 weitere Soldaten zum Schutz eigener Einrichtungen in den Irak schicken.

Für Ende September lädt Obama zu einem Terrorismus-Gipfel nach New York ein. An dem Treffen sollen die Staats- und Regierungschef der fünf UNO-Vetomächte teilnehmen, sagte Marie Hart, Sprecherin im US-Außenamt. Zu den Vetomächten im UN-Sicherheitsrat gehören neben den USA auch Russland, Großbritannien, Frankreich und China.

4000 Gefangene in Syrien

Die IS hat nach Angaben von Menschenrechtlern mindestens 4000 Gefangene in Syrien in ihrer Gewalt. Darunter seien auch "einige Dutzend Ausländer", sagte ein Sprecher der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Rund 20 Gefangene seien Amerikaner und Europäer.

Weitere Gefangene sind nach Angaben des Sprechers Anhänger syrischer Rebellengruppen aus anderen arabischen Ländern wie Tunesien. Die IS-Extremisten hielten sie an verschiedenen Orten in Ostsyrien gefangen, vor allem in der Extremistenhochburg Al-Raqqa, aber auch in Deir al-Zor oder Aleppo.

Die Erkenntnisse decken sich mit den Angaben befreiter Geiseln. Laut "New York Times" sind mindestens drei Amerikaner und mehrere Briten in der Gewalt der Extremisten. Der britische "Guardian" geht von rund 20 Geiseln aus, darunter ein Däne und zwei Italienerinnen. Beide Zeitungen stützen ihre Recherchen auf Aussagen von ehemaligen IS-Gefangenen und Angehörigen von Inhaftierten.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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