Pfiffe für die Pilgerin Merkel in Spanien

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Rauer Empfang für die deutsche Kanzlerin in Santiago de Compostela. „Keine Kürzungen!“, „Haut ab!“, skandierten die Menschen.

Madrid. Nach ihrer Wanderung über den Jakobsweg wurde Angela Merkel während ihres zweitägigen Besuchs in der spanischen Pilgerhauptstadt Santiago de Compostela von der Wirklichkeit eingeholt: Mehrere hundert Menschen protestierten am Montag in der Nähe der Kathedrale gegen Merkel und den konservativen spanischen Premier Mariano Rajoy. Santiago, Geburtsort von Rajoy, ist eine der wichtigsten Wallfahrtsstätten der Katholiken.

Die Demonstranten protestierten gegen die Spar- und Reformpolitik, mit der Spanien und die EU versuchen, das Krisenland aus dem Schuldental zu ziehen. „Keine Kürzungen!“, „Haut ab!“, skandierten die Menschen. Andere Kundgebungsteilnehmer versuchten vergeblich, Merkel eine Petition zu übergeben, in der eine Entschuldigung Deutschlands für die Unterstützung der rechten Franco-Diktatur (1939–1945) gefordert wurde.

Symbolischer Sündenablass

Um der angekündigten Demonstration auszuweichen, wurde der Besuch Merkels in der mächtigen Kathedrale Santiagos kurzfristig vorverlegt. Im Gotteshaus umarmte die Kanzlerin, so, wie es traditionell viele Pilger tun, von hinten die Statue des Apostels Jakob, der in Spanien Santiago heißt, um einen Sündenablass zu erhalten.

Politisch ging es bei Merkels Besuch vor allem um die noch umstrittene Besetzung einiger EU-Posten. Rajoy gelang es, Merkels Unterstützung für seinen Wirtschaftsminister Luis de Guindos zu erhalten, der Vorsitzender der Euro-Gruppe werden möchte. Merkel lobte die von Rajoy in Spanien eingeleiteten „harten und schwierigen“ Finanz- und Wirtschaftsreformen. Die Konjunktur zog nach Jahren der Flaute wieder an. Neue Jobs wurden geschaffen, auch wenn die Arbeitslosenquote mit 25 Prozent immer noch erschreckend hoch ist. Der Tourismus boomt wie nie zuvor und wurde zum Wirtschaftsmotor. (ze)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2014)

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