Wowereit: Ein Rücktritt mit einem lachenden Auge

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Wowereit(c) REUTERS (FABRIZIO BENSCH)
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Nach 13 Jahren im Amt kündigte Bürgermeister Klaus Wowereit seinen Abschied im Dezember an. Sein flotter Spruch „Arm, aber sexy“ steht für das Lebensgefühl der Stadt, das Flughafendesaster leitete seinen Abstieg ein.

Wien/Berlin. Mal schnoddrig und schnippisch, mal charmant und zum Scherzen aufgelegt: Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit stilisierte die Pressekonferenz im Roten Rathaus, bei der er seinen Rücktritt im Dezember verkündete, zu einer „Wowi-Show“ wie zu seinen besten Zeiten, die allerdings schon ein paar Jahre zurückliegen. Zuletzt galt der 60-Jährige nach 13 Jahren im Amt nicht nur seinen politischen Gegnern als amtsmüde, in der deutschen Hauptstadt zirkulierten spätestens seit der letzten Wahl 2011 Gerüchte über seinen Abschied aus der Politik.

Damals errang er als leutselige SPD-Galionsfigur nur noch 28 Prozent der Stimmen, was den Urberliner Pragmatiker mit Machtinstinkt und Linksdrall in eine große Koalition mit der CDU zwang. Sein vollmundiges Versprechen aus dem Frühjahr wird er nun jedoch nicht einhalten können: „Der Flughafen wird eröffnet werden, und ich werde dabei sein – als regierender Bürgermeister.“ Das Desaster um die mehrmals aufgeschobene Eröffnung des Großflughafens Schönefeld im Südosten der Stadt leitete seinen Abstieg ein, in den Umfragen stürzte er ab und bei manchen Berlinern war er am Ende so verhasst, dass sie entrüstet die Wohnungstür zuknallten, wenn SPD-Wahlwerber vor der Tür standen.

Bundespolitische Ambitionen

In Bezirksverbänden machten Rücktrittsspekulationen die Runde, der interne Druck nahm zu. Zwischendurch schien Wowereit das Interesse an der Kommunalpolitik verloren zu haben. Als Stammgast in den TV-Talkshows, der seiner Partei in allen Lebenslagen Ratschläge erteilte, kokettierte er mit dem Sprung in die Bundespolitik. Insgeheim brachte er sich als Kanzlerkandidat gegen Angela Merkel in Stellung, der einer Öffnung zur Linkspartei das Wort redete, mit der der Tabubrecher auf Landesebene eine Koalition eingegangen war.

Als er 2013 sein Amt als einer von vier SPD-Vizechefs aufgab, begrub Wowereit indes seine viel belächelten bundespolitischen Ambitionen. Sigmar Gabriel, SPD-Chef und Vizekanzler, streute ihm zum Rücktritt Rosen: Er habe „Großes“ für Berlin geleistet. Viele Berliner würden das Kompliment anzweifeln, zumindest aber prägte der Bürgermeister – vielfach als „Party-Bürgermeister“ abqualifiziert – wie kaum ein anderer das Lebensgefühl seiner Heimatstadt. Als „arm, aber trotzdem sexy“ hatte er Berlin einmal charakterisiert, und der Slogan ging ebenso in die Annalen ein wie sein Outing („Ich bin schwul, und das ist gut so“) oder der Slogan „Sparen, bis es quietscht“.

Um seine Nachfolge könnte ein Streit entbrennen zwischen dem Berliner Parteichef, Jan Stöß, und Fraktionschef Raed Saleh, einem 37-jährigen Palästinenser. Sie werden eine neue Sachlichkeit einbringen, die schillernde Polit-Party-Ära hat in Berlin fürs Erste abgedankt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2014)

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