Terrorismus: So rekrutiert IS Kämpfer in Minnesota

A tribal fighter aims his weapon during an intensive security deployment in Haditha
A tribal fighter aims his weapon during an intensive security deployment in Haditha(c) REUTERS (STRINGER/IRAQ)
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Die Aussicht auf Abenteuer, Frauen und die Flucht vor einer kleinkriminellen Existenz lockt junge US-Somalier und Islam-Konvertiten zum Jihad nach Syrien und in den Irak.

Washington. Abdirahmaan Muhumed (29) hatte neun Kinder von drei Frauen, keine Aussicht auf eine Arbeit und eine verführerische Perspektive: die Tristesse der Stadt Minneapolis in Minnesota hinter sich zu lassen und in den Jihad zu ziehen. Am Donnerstag wurde der Tod Muhumeds in Syrien bekannt; er ist damit der zweite Amerikaner, der diese Woche im Kampf für die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) gefallen ist. Tags zuvor hatte das Außenministerium bestätigt, dass der US-Bürger Douglas McAuthur McCain (33) ebenfalls in Syrien gestorben sei.

Mehr als ein Dutzend junger Männer aus dem Großraum Minneapolis-St. Paul kämpfe bereits für den IS, gab die Bundespolizei FBI bekannt. Und es werden immer mehr. „Während wir hier reden, reisen ständig welche ab“, sagte Richard Thornton, der für Minneapolis zuständige FBI-Behördenleiter, am Donnerstag.

„Ein Spaß wie in Disneyland“

Muhumed war somalischer Herkunft, McCain nicht. Doch beide stammten aus Minneapolis. Und nicht nur das: McCain, ein 33-jähriger, selbst ernannter Rapper mit mehreren Vorstrafen für Suchtgiftdelikte und öffentliche Ruhestörung, war ein enger Schulfreund eines zum Islam konvertierten Mannes namens Troy Kastigar. Kastigar reiste im Jahr 2008 nach Somalia, um sich den fundamentalistischen al-Shabaab-Milizen anzuschließen. „Wenn ihr wüsstet, wie viel Spaß wir hier haben“, jubelte Kastigar in einem Video, das al-Shabaab im Jahr 2009 nach seinem Tod veröffentlichte. „Das ist eine richtiges Disneyland!“

Das Problem der Kämpfer aus Minnesota wurzelt in der Entfremdung vieler somalischer Amerikaner. Rund 85.000 sind seit 1991 vor dem Bürgerkrieg in die USA geflüchtet; mehr als jeder Dritte von ihnen lebt in Minnesota. Der Zusammenhalt der Exilanten erschwert die Integration in die US-Gesellschaft und somit die Chancen auf Ausbildung und Arbeit. Die Kinder der ersten Flüchtlingsgeneration ließen sich ab 2007 für den Kampf in Somalia radikalisieren. Aus dem nationalistischen Impuls wurde ein jihadistischer. Weil so viele westliche Kämpfer zuströmen, rekrutiert IS seit Kurzem gezielt junge Frauen. Fast alle Kämpfer werden rasch verheiratet.

Saddams Tochter Terrorpatin

Ohne Sponsoren allerdings kämen die jungen Amerikaner kaum in den Nahen Osten, sagt Mohamud Noor, ein Gemeindesprecher in Minneapolis, zu Minnesota Public News: „Die haben nicht einmal das Geld, um sich ein Busticket nach Chicago zu kaufen.“ Reiche Terrorpaten gibt es einige, etwa die älteste Tochter des früheren irakischen Diktators Saddam Hussein: Raghad Hussein (45) finanziert von Amman aus IS-Kämpfer. Einen Interpol-Haftbefehl gegen sie ignoriert Jordanien übrigens seit Jahren.

AUF EINEN BLICK

US-Jihadisten. Rund 100 US-Bürger kämpfen für die Terrororganisation IS in Syrien und im Irak. Einer davon war Douglas McAuthur McCain (33). Der kleinkriminelle Rapper starb diese Woche in Syrien. [ Reuters ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2014)

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