"Direkte militärische Aggression gegen Ukraine"

Ukrainian President Poroshenko meets with Britain´s PM Cameron ahead of an European Union summit in Brussels
Ukrainian President Poroshenko meets with Britain´s PM Cameron ahead of an European Union summit in Brussels(c) REUTERS (POOL)
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Die Staats- und Regierungschefs der EU bereiteten neue Sanktionen gegen Russland vor. Kiew spricht von russischer Panzeroffensive in der Ostukraine.

Der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko, zeigte sich angesichts der jüngsten Entwicklung in der Ostukraine wenig optimistisch. Bei einem Treffen mit der EU-Führung in Brüssel warnte er am Samstag vor einer unumkehrbaren Zuspitzung der Lage. „Wir sind zu nahe an einem Punkt, an dem es keine Rückkehr zu einem Friedensplan mehr gibt.“ Poroschenko setzt auf Unterstützung des Westens und auf die Wirkung neuer Sanktionsdrohungen, um Russland und die Separatisten doch noch zum Einlenken zu bewegen. Am Wochenende setzte sich allerdings trotz der Freilassung eingekesselter ukrainischer Soldaten die Eskalation fort. Ukrainische Quellen berichteten vom Vormarsch prorussischer Separatisten mit Unterstützung russischer Panzer. Der ukrainische Sicherheitsrat teilte über Twitter mit, Russland setze die „direkte militärische Aggression gegen die Ostukraine fort“.

Die britische Regierung kündigte angesichts der dramatischen Entwicklung die Aufstellung einer Eingreiftruppe mit 10.000 Mann für Osteuropa an. Wie die „Financial Times“ berichtete, will Premierminister David Cameron die Initiative beim Nato-Gipfel am 4. und 5. September in Wales vorstellen. Neben Großbritannien würden sich auch die baltischen Staaten, Norwegen, die Niederlande, Dänemark und eventuell Kanada beteiligen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU bereiteten Samstagabend nach Gesprächen mit Poroschenko neue Sanktionen gegen Moskau vor. „Wir sind bereit, sehr starke und klare Schritte gegen Russland zu setzen“, so EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso. Was die konkreten Maßnahmen sein werden, prüft vorerst noch die Kommission.

Die USA haben die EU gedrängt, im Rahmen der Sanktionen Russland von internationalen Finanztransaktionen völlig abzukoppeln. Dafür müsste das Land vom Zugang zu Swift, dem computergesteuerten Überweisungssystem, isoliert werden. Russen könnten dann weder Geld in den Westen transferieren noch auf ihre Konten im Ausland zugreifen. Auch der innerrussische Geldtransfer wäre behindert.

Indessen wurde die Ankündigung von Russlands Präsidenten, Wladimir Putin, umgesetzt und ein Korridor für eingekesselte ukrainische Soldaten geöffnet. Im umkämpften Gebiet Donezk seien die eingeschlossenen Einheiten zu ihren Basislagern zurückgekehrt, bestätige der ukrainische Innenminister, Arsen Awakow. Der „Verteidigungsminister“ der nicht anerkannten „Volksrepublik Donezk“, Wladimir Kononow, schränkte allerdings ein, dass nur unbewaffnete Kämpfer die Orte ungehindert verlassen konnten. Weil mehrere Soldaten versucht hätten, sich mit Waffen aus ihrer ausweglosen Lage zu befreien, sei es zu neuen Kämpfen mit Toten und Verletzten gekommen.

Russland führt nach Darstellung der litauischen Präsidentin Dalia Grybauskaite nicht nur Krieg gegen die Ukraine, sondern gegen ganz Europa. Der Westen müsse die Ukraine deshalb mit Waffen versorgen, forderte sie am Rande des EU-Gipfels.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2014)

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