Ukraine-Krise: Putin legt Siebenpunkteplan vor

Russia´s President Putin addresses audience as he takes part in festivities to mark the 75th anniversary of the victory in the Battle of Khalkhin Gol in Ulan Bator
Russia´s President Putin addresses audience as he takes part in festivities to mark the 75th anniversary of the victory in the Battle of Khalkhin Gol in Ulan Bator(c) REUTERS (RIA Novosti)
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Russlands Präsident forderte die Separatisten und die ukrainische Armee zur Waffenruhe auf, die internationale Beobachter überwachen sollen. Der ukrainische Premier lehnt den Plan ab.

Moskau. Die Eingebung kam auf dem Weg nach Ulan-Bator. Während seines Fluges in die Mongolei habe er einen Friedensplan für die Ostukraine entworfen, verkündete Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch nach seiner Ankunft. Sieben Punkte umfasst das Papier, das der Kreml-Chef folgendermaßen umriss: Er rief die prorussischen Separatisten auf, ihren Vormarsch zu stoppen. An die ukrainischen Regierungstruppen appellierte Putin, sich aus dem Kampfgebiet zurückzuziehen und Luftangriffe einzustellen. Überwachen sollen die Waffenruhe internationale Beobachter. Zudem regte der russische Präsident einen Austausch von Gefangenen, die Einrichtung eines Korridors für Flüchtlinge und Hilfslieferungen für die Zivilisten im Krisengebiet an.

Miroslaw Rudenko, ein Sprecher der Separatisten von Donezk, reagierte postwendend positiv auf den Vorschlag seines Protektors in Moskau: Die „Volkswehr“ sei zu einer Waffenruhe bereit, wenn sich die ukrainische Armee zurückzöge.

Russland als "Terrorstaat"

Der ukrainische Premier Arsenij Jazenjuk hat den Siebenpunkteplan allerdings abgelehnt. Er bezeichnete Russland am Mittwoch als „Terrorstaat“ und kündigte den Bau einer Grenzmauer an. Meldungen über eine bevorstehende Waffenruhe hatten zuvor Hoffnungen geschürt. Anlass war ein Telefonat Putins mit dem ukrainischen Präsidenten, Petro Poroschenko. Unmittelbar danach verkündete der Kreml, die beiden Staatschefs seien „über mögliche Auswege aus der Krise“ weitgehend übereingekommen. Wenig später wurde das Präsidialamt in Kiew konkreter: Putin und Poroschenko hätten sich auf einen Waffenstillstand im Donbass geeinigt. Putins Sprecher dementierte jedoch umgehend: Russland sei keine Konfliktpartei und könne deshalb keinen Waffenstillstand vereinbaren. Putin selbst erklärte später in Ulan-Bator, die ukrainische Regierung soll bis Freitag eine Vereinbarung mit den Separatisten schließen.

Mit dem Siebenpunkteplan hat der russische Präsident zum ersten Mal seit Beginn des Konflikts konkrete Schritte für eine Lösung skizziert. Damit diktiert er jedoch der ukrainischen Seite genauso die Bedingungen wie den Separatisten. Ein Waffenstillstand ist für Poroschenko jedoch nicht ohne Risiko, weil dies von Teilen des ukrainischen Volkes als ein Zeichen der Schwäche gegenüber Russland angesehen werden könnte.

Keine Kriegsschiffe aus Frankreich

Die diplomatische Offensive Putins kommt nicht zufällig jetzt. In Wales beginnt am heutigen Donnerstag der Nato-Gipfel. Und bis Freitag will die EU neue Sanktionen gegen Russland vorlegen. Die Strafmaßnahmen zielen auf sechs Bereiche ab: Erstens soll es nicht nur für russische Banken, sondern auch für staatsnahe Betriebe schwerer werden, den europäischen Kapitalmarkt anzuzapfen. Zweitens sollen weitere Personen mit Kontosperren und Einreiseverboten belegt werden – etwa auch der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Drittens soll der Export von Dual-use-Gütern blockiert werden, die sowohl militärisch als auch zivil genützt werden können. Viertens wird ein Waffenembargo diskutiert.

Hier reagiert Frankreich bereits: Präsident François Hollande hatte noch vor einigen Wochen darauf beharrt, die Mistral-Kriegsschiffe trotz Krise nach Russland zu liefern, zumal sie bereits bezahlt wurden. Nun rudert Paris zurück. Trotz Waffenstillstand seien die Bedingungen nicht gegeben. Fünftens nimmt die EU den Export an Erdöltechnologie ins Visier. Und sechstens debattieren die EU-Staaten, Russland künftig keine Bühne für Großereignisse wie Formel-1-Rennen oder Sportweltmeisterschaften zu bieten. Putin hält unterdessen ein militärisches Bedrohungsszenario weiterhin aufrecht. Für September hat das Verteidigungsministerium ein Manöver an der Grenze zu Kasachstan angekündigt. Teilnehmen sollen daran Streitkräfte, die für Russlands nukleares Langstreckenarsenal zuständig sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2014)

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