David Cameron: "Es sind Monster, keine Muslime"

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Nach dem Mord an einem britischen Entwicklungshelfer vor laufender Kamera durch die IS-Miliz kündigt Premier David Cameron Rache an. Die Front gegen die Jihadisten wird indes größer.

London/Paris/Bagdad/Canberra. Die brutale Jihadistengruppe Islamischer Staat (IS), die ein großes Gebiet im Nordirak und in Ostsyrien kontrolliert, hat mit der Veröffentlichung eines weiteren Tötungsvideos am Wochenende für weltweites Entsetzen gesorgt. Darauf war zu sehen, wie der britische Entwicklungshelfer David Haines (44) mit einem Messer enthauptet wird. Großbritanniens Premier, David Cameron, kündigte umgehend eine „harte Linie“ im Kampf gegen den IS an, viele Politiker verurteilten die Tat, während die neue „Koalition“ gegen den IS unter US-Führung weiter Zulauf erhielt.

Konferenz in Paris

Die Jihadisten seien „Monster, keine Muslime“, wetterte Cameron am Sonntag nach der Sitzung seines Sicherheitskabinetts. Und: „Wir werden die Verantwortlichen jagen und zur Verantwortung ziehen, egal, wie lang es dauert“, sagte Cameron, der Haines auch einen „britischen Helden“ nannte. Er machte jedoch keine Aussage darüber, ob sich die Royal Air Force an den Luftangriffen der USA gegen den IS beteiligen werde. Haines, ein gebürtiger Engländer, der in Schottland aufgewachsen war, wurde im März 2013 in Syrien nahe der türkischen Grenze entführt, drei Tage nach seiner Einreise. Er war für die französische Hilfsorganisation Acted tätig; diese zeigte sich über den Tod ihres Mitarbeiters, der zwei Töchter (17 und vier Jahre alt) aus zwei Ehen hat, schockiert.Heute, Montag, soll in Paris eine Konferenz von Vertretern der Koalition, weiterer Länder und Organisationen zum Thema Irak stattfinden. Auch Iraks Präsident Fuad Masum, ein Kurde, wird erwartet.

Aus einem der Schlüsselstaaten für den Kampf gegen den IS dürfte indes niemand eingeladen worden sein: nämlich aus dem Iran.

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Er sei als „Vergeltung“ enthauptet worden, weil sich London an der US-geführten Koalition gegen den IS beteilige, sagte der Täter im Video. Cameron wurde in dem zweieinhalbminütigen Film direkt angesprochen: Der in einen orangefarbenen Overall gekleidete Haines sagt darin gefasst, er „zahle den Preis für Camerons Politik“. Der vermummte Mörder warnt, die Briten würden „in einen weiteren nicht gewinnbaren Krieg“ gezogen, und drohte, noch eine britische Geisel zu töten. Haines ist das dritte westliche Opfer der Extremisten, das derart ermordet wurde. Am 19.August hat der IS ein Video ins Internet gestellt, das die Tötung des US-Journalisten James Foley zeigt. Am 2.September folgte ein Video mit der Ermordung des in Syrien verschleppten US-Reporters Steven Sotloff.

„Zweige desselben giftigen Baumes“

US-Präsident Barack Obama betonte seinen Entschluss, mit Partnern in aller Welt den IS zu zerstören. Die Regierungen in Paris und Berlin verurteilten die Tat als „niederträchtig“ und „inakzeptablen Tabubruch“. Israels Premier, Benjamin Netanjahu, sagte an die Adresse der Briten gerichtet: „Wir verstehen, mit welch Barbarei sie kämpfen müssen.“ IS, Hamas, al-Qaida, Boko Haram, Hisbollah seien „Zweige desselben giftigen Baumes“.

Unterdessen wächst die Front gegen den IS: Australiens Premier, Tony Abbott, kündigte die baldige Verlegung einer Truppe in den Nahen Osten an, um die US-geführte „Koalition“ gegen den IS zu stärken. Diese umfasst bisher zwei Dutzend Länder, die Hälfte davon islamische, etwa Ägypten und Saudiarabien. Heute, Montag, soll in Paris eine Irak-Konferenz beginnen, an der auch Vertreter der Koalition teilnehmen.

Auch im Internet verliert die Terrormiliz indes an Boden: Nach Twitter, Facebook und YouTube hat sich auch das russische Netzwerk vk.com entschlossen, IS-Propaganda sofort zu löschen. Seit Freitag seien über 62 Accounts von IS-Anhängern gelöscht worden, sagte vk-Sprecher Georgy Lobushkin. Vk.com gilt als „russisches Facebook“ mit mehr als 260 Millionen Nutzern.

Österreich: IS-Symbole bald verboten?

In Österreich wollen Justizminister Wolfgang Brandstetter und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner heute eine Initiative gegen Jihadisten mit brisantem Kern präsentieren: IS-Symbole wie die schwarze Flagge mit arabischen Buchstaben sollen per Novelle des Abzeichengesetzes verboten werden; dieses verbietet nur Nazi-Symbole. Auf der IS-Flagge stehen freilich Teile des islamischen Glaubensbekenntnisses („Es gibt keinen Gott außer Allah“) und „Mohammeds Siegel“; um nicht religiöse Symbole zu verbieten, müsse das Verbot sehr präzis sein, heißt es. (ag./wg)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2014)

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