Anti-Terror-Paket: Hetze schon ab 10 Zuhörern

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Die ÖVP legte ihr Antiterrorpaket vor. Es brächte Veränderungen im Strafrecht, im Abzeichengesetz und bei Reisen.

Wien. Ab 2015 soll es strengere Regeln geben, um gegen islamistische Terrororganisationen besser vorgehen zu können. ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizminister Wolfgang Brandstetter präsentierten am Montag ihre Pläne. Gesetze wurden noch nicht vorgelegt, aber mehrere Eckpunkte präsentiert.

1. Das Delikt der Verhetzung soll leichter erfüllt sein. Auch strengere Strafen sind möglich.

Um wegen Verhetzung bestraft zu werden, muss man zurzeit so zu Gewalt aufrufen, dass dies „für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar“ ist (§283 StGB). Darunter werden rund 150 Personen verstanden. Brandstetter will diese Zahl auf etwa zehn Personen senken.

Dadurch könnte man Leute, die zu Gewalt aufrufen, tatsächlich leichter dingfest machen. Auch Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs befürwortet eine Senkung auf zehn Personen, wenn es um Gewaltaufrufe geht. Allerdings fällt unter den Tatbestand der Verhetzung auch jemand, der Gruppierungen „nur“ verächtlich macht. In diesen Fällen sollte die Strafbarkeit aber wie bisher daran geknüpft sein, dass eine breite Öffentlichkeit vorliege, sagt Fuchs zur „Presse“. Schließlich ist der Unrechtsgehalt ein geringerer.

Zudem denkt die Politik über höhere Strafen für Verhetzung (derzeit zwei Jahre) nach. Dass höhere Strafen das Problem lösen, erscheint freilich unwahrscheinlich.

2. Auch wer in eine inoffizielle Armee eintritt, kann künftig die Staatsbürgerschaft verlieren.

Schon bisher verloren Doppelstaatsbürger den österreichischen Pass, wenn sie in den Militärdienst eines fremden Staates eintraten. Das Innenministerium will, dass das künftig für jedwede paramilitärische Kampfverbände gilt.

Das bringt den Vorteil, dass auch der Eintritt in die (nicht staatlichen) IS-Truppen mit dem Verlust des österreichischen Passes verbunden ist. Aber auch das gilt nur für Doppelstaatsbürger. Es sei rechtlich nicht möglich, jemandem die einzige Staatsbürgerschaft, die er hat, abzuerkennen, sagt das Ministerium.

3. Minderjährige sollen nicht mehr so leicht in Länder außerhalb der EU reisen dürfen.

Unter 18-Jährige sollen künftig ohne Genehmigung der Eltern nicht mehr von Österreich in ein Land außerhalb der EU reisen können. Diese Maßnahme würde verhindern, dass weitere Teenager einfach zum Kampf in den Nahen Osten fliegen.

Ein Problem könnte freilich bleiben, wenn Leute auf dem Landweg Österreich via EU-Staaten in den Nahen Osten verlassen. Das Team Stronach want zudem vor künftigem bürokratischen Ärger, wenn Jugendliche nur zum Discobesuch in die Schweiz fahren.

4. Symbole von IS oder al-Qaida dürfen nicht mehr getragen werden.

Bisher verbietet das Abzeichengesetz nur das Tragen von NS-Symbolen. Nun soll das Gesetz um Symbole der IS oder al-Qaida erweitert werden. Was wäre die Folge, wenn sie jemand weiterhin trägt? Momentan sieht das Gesetz dafür Verwaltungsstrafen von bis zu 4000 Euro oder einem Monat Arrest vor.

Die Islamische Glaubensgemeinschaft steht einem Verbot des IS-Zeichens skeptisch gegenüber: Zu verurteilen sei der Kontext, in dem IS diese Zeichen verwende, nicht die Zeichen selbst. Auch die Ausweitung de Verhetzungsparagrafen dürfe nicht zu einer Lex Islam werden. Dass es ein Maßnahmenpaket gegen Terror gebe, befürworte man aber.

5. Das Justizministerium erwägt eine Nachfolgeregelung für die Vorratsdatenspeicherung.

Brandstetter hat mehrfach betont, im Kampf gegen Schwerstverbrechen wie Terror die Vorratsdatenspeicherung wieder einführen zu wollen. Inwieweit das Urteil des Verfassungsgerichtshofs (er kippte die generelle Vorratsdatenspeicherung) dafür Raum lässt, muss freilich noch geklärt werden. Die Ministerien wollen nun an den diversen Gesetzen feilen, am 14.Oktober lädt die Politik zudem zum „Gipfel gegen Hass und Hetze“. Die SPÖ begrüßte die ÖVP-Pläne grundsätzlich. Man werde sie „intensiv anschauen und prüfen, wie man sie umsetzen kann“, so Klubchef Andreas Schieder. Die FPÖ will ein IS-Verbot. Neos und Grüne lehnen eine neue Vorratsdatenspeicherung strikt ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2014)

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