Kampf gegen Jihadisten: Imam in Prishtina verhaftet

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Die Kosovo-Polizei nahm 15 Personen wegen Terrorverdachts fest – laut Medien auch den Imam der Großen Moschee.

Prishtina/Wien. Viele seiner Predigten waren berüchtigt. Auf Youtube zirkuliert etwa ein Video, in dem Shefqet Krasniqi die alte Geschichte des arabischen Heerführers Abu Qudama und eines Buben erzählt, der sich im Kampf opfert und dafür mit Jungfrauen im Paradies belohnt wird. Am Mittwoch berichteten kosovarische Medien, dass Shefqet Krasniqi verhaftet wurde. Er ist nicht irgendjemand, sondern der Imam der Großen Moschee in Prishtina, der Hauptstadt des Kosovo. Die Kosovo-Polizei schlug an mehreren Stellen gleichzeitig zu. Zusammen mit Krasniqi wurden 14 weitere Personen festgenommen, darunter acht Imame. Die Behörden werfen ihnen unter anderem „Terrorismus, die Bedrohung der verfassungsgemäßen Ordnung und Hasspredigten“ vor.

Die Aktion ist Teil der jüngsten Anstrengungen im Kosovo, die Rekrutierung von Jihadisten zu unterbinden. Bereits Mitte August sind in diesem Zusammenhang 40 Verdächtige verhaftet worden. Schätzungen zufolge kämpfen 100 bis 200 Personen aus dem Kosovo im Irak und in Syrien. Als Vergleich: Aus Österreich dürften bisher etwa 142 Menschen in den Jihad gezogen sein. Viele der Jihadisten aus Europa enden bei der Terrororganisation Islamischer Staat (IS).

Säkulare Gesellschaft

Der Großteil der etwa 1,8 Millionen Einwohner des Kosovo sind Muslime. Die Mehrheit der Kosovo-Albaner ist sehr säkular eingestellt oder lebt eine sehr liberale Spielart des Islam, bei der das Trinken von Alkohol dazugehört und die Moschee oft nur an Feiertagen besucht wird. Seit dem Krieg gegen das serbische Regime Ende der 1990er-Jahre erhielten aber auch kleinere radikalere Strömungen Aufwind – oft mit Hilfsgeldern aus den Golfmonarchien.

Die jüngste, medienwirksame Schlag gegen mutmaßliche Extremisten wurde einen Tag vor einer wichtigen Parlamentssitzung durchgeführt. Heute, Donnerstag, soll das neue Parlament endlich zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommen. Der bisherige Premier, Hashim Thaçi, sträubt sich dagegen, die Macht abzugeben. Zwar erhielt seine Partei die meisten Stimmen, doch er findet keinen Partner. Eine Reihe bisheriger Oppositionsparteien versucht, ohne Thaçis Partei eine Koalition zu bilden. Der Kosovo ist seit dem Krieg ein enger Verbündeter der USA, die 1999 im Rahmen der Nato die serbischen Einheiten mit Luftangriffen aus dem Kosovo vertrieben. In Prishtina wurde etwa eine gewaltige Statue zu Ehren des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton errichtet. Eine Straße ist nach seinem Nachfolger George W. Bush benannt.

US-Bodentruppen für den Irak?

Washington ist derzeit dabei, eine neue Allianz gegen den Islamischen Staat zu formen. US-Generalstabschef Martin Dempsey schloss in einer Anhörung im Senat nicht mehr aus, notfalls auch Kampftruppen in den Irak zu entsenden. Das werde aber nur für den Fall erwogen, dass US-Luftschläge und die Bereitstellung von Geheimdienstinformationen nicht ausreichten, um der irakischen Armee bei der Zerschlagung von IS zu helfen.

Indes hat US-Außenminister John Kerry davor gewarnt, den Kampf gegen die IS mit dem Zweiten Golfkrieg von 1991 oder dem Irakkrieg von 2003 zu vergleichen. Anders als bei den Operationen "Desert Storm" und "Iraqi Freedom" würden nun keine US-Bodentruppen in den Krieg geschickt, sagte Kerry am Mittwoch bei einer Anhörung im Außenausschuss des Senats. "Die Vereinigten Staaten werden es nicht im Alleingang machen", betonte Kerry, der in der Region und in Europa um Unterstützung für den Anti-IS-Kampf geworben hatte. 

(w.s./APA/Reuters/dpa)

ZUR PERSON

Shefqet Krasniqi, Imamder Großen Moschee in der Kosovo-Hauptstadt Prishtina, ist laut kosovarischen Medien unter den 15 Verdächtigen, die von der Polizei festgenommen worden sind. Der Einsatz wandte sich gegen mutmaßliche Extremisten, die Kämpfer für den Irak und Syrien rekrutieren. [ internet ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2014)

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