Enthauptung in Sydney geplant

AFP handout shows Australian Federal Police officer and a New South Wales policeman standing near a suspect who was detained during a raid on a house in western Sydney
AFP handout shows Australian Federal Police officer and a New South Wales policeman standing near a suspect who was detained during a raid on a house in western Sydney(c) REUTERS (DAVID GRAY)
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In einer großen Antiterroroperation nahm die Polizei 15 Islamisten fest. Einer von ihnen wollte Passanten entführen und köpfen. Der Befehl kam von dem IS in Syrien.

Sydney/Wien. Kurz und knapp soll das Telefonat gewesen sein, das der 22 Jahre alte Mann aus Sydney am Dienstag erhielt: Er bekam die Anweisung, im Namen der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) willkürlich Menschen auf den Straßen von Sydney oder Brisbane auszuwählen, sie zu kidnappen und dann zu enthaupten. Die Leichen der Passanten sollten in die schwarze Flagge der Extremisten gehüllt werden. Anschließend seien Videos der Tötungen zu veröffentlichen.

Dieses Telefongespräch, das die Polizei mitgehört hatte, löste die größte Antiterroroperation in der Geschichte Australiens aus: Am Donnerstag frühmorgens stürmten 800 Polizisten Wohn- und Geschäftsgebäude in Brisbane und in Sydney. 15 Menschen wurden verhaftet, darunter jener 22-Jährige aus Sydney, der bereit gewesen wäre, Passanten zu enthaupten. Er wurde wegen der geplanten Terroranschläge angeklagt.

„Hier geht es nicht um einen Verdacht, sondern um ein Vorhaben“, sagte der australische Premier, Tony Abbott, nach der Razzia. IS habe Sympathisanten in Australien zu „demonstrativen Tötungen“ aufgefordert. „Ich fürchte, es gibt Gruppen in diesem Land, die uns, obwohl sie hier den australischen Lebensstil genießen, Böses wollen.“ Viele der Festgenommen waren schon seit Längerem von der Polizei beobachtet worden. Einige wollten nach Syrien reisen, um sich den Islamisten anzuschließen.

100 Jihadisten angeworben

Der Aufruf zu den Tötungen kommt laut Polizei von einem ranghohen IS-Mitglied, das in Australien alles andere als ein unbeschriebenes Blatt ist: Mohammad Ali Baryalei. Der 33-Jährige stammt aus Afghanistan und flüchtete als Kind mit seiner Familie nach Australien. Er arbeitete als Türsteher in einem beliebten Ausgehviertel von Sydney und sogar als Schauspieler in einer in Australien erfolgreichen Krimi-TV-Serie. Doch dann fiel er als Prediger in Sydney auf, der junge Australier für den Islam gewinnen wollte. Seit April 2013 hält er sich in Syrien auf. Von dort aus rekrutiert Baryalei Australier als IS-Kämpfer. Er dürfte mindestens die Hälfte der 60 Australier angeworben haben, die sich laut Schätzungen der Regierung dem IS in Syrien und im Irak angeschlossen haben. Weitere 100 in Australien gelten als radikale Sympathisanten, die jederzeit zu Terroristen im eigenen Land werden könnten, so die Polizei.

Australien, das erst vor einer Woche die Terrorwarnstufe erhöht hat, unterstützt den von den USA angeführten Krieg gegen die Islamisten: 600 Soldaten flogen am Donnerstag in die Vereinigten Arabischen Emirate. Die arabischen Staaten haben der internationalen Allianz ebenfalls ihre Unterstützung zugesagt: Saudiarabien, das IS in der Anfangszeit finanziert hat, will nun entschlossen gegen die Extremisten vorgehen.

Saudiarabien: Fatwa gegen Terroristen

Islamgelehrte haben am Mittwoch eine Fatwa gegen die Terrormiliz erlassen: Terrorismus sei ein „abscheuliches Verbrechen“. An den Tätern soll ein Exempel statuiert werde, fordert der Rat der Gelehrten, der IS-Kämpfer wiederholt als die größten Feinde des Islam bezeichnet hat. Die Strafe soll als Abschreckung dienen – für schwere Verbrechen wird im Königreich üblicherweise die Todesstrafe verhängt, meist durch öffentliche Enthauptung. Wer Terrorismus rechtfertige, handle rechtswidrig und „im Auftrag des Satans“, hieß es in der Erklärung der Gelehrten.

Die Reaktion des IS kam prompt: Ein saudiarabischer Kämpfer hat zum Jihad in seiner Heimat aufgerufen. Das IS-Territorium müsse bis Saudiarabien ausgeweitet werden, forderte der Mann per Videobotschaft. (zoe/ag)

AUF EINEN BLICK

Die australische Polizei hat 15 mutmaßliche Terroristen verhaftet, die wahllos Passanten in Sydney und Brisbane kidnappen und köpfen wollten. Die Videobotschaften sollten dann im Internet veröffentlicht werden. Die Anweisungen kamen von einem ranghohen australischen Mitglied der Terrorgruppe Islamischer Staat. Australien unterstützt die von den USA angeführte Allianz gegen den Terror. Am Donnerstag flogen 600 Soldaten in die Vereinigten Arabischen Emirate.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2014)

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