Sarkozy: Das Comeback des Pariser Polit-Rockers

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Nicolas Sarkozy inszeniert seine Rückkehr auf die politische Bühne als Retter der Nation. Die Agonie unter Präsident Hollande verleiht ihm neue Energie. Er hat noch eine Rechnung offen.

Geteert und gefedert wird François Hollande enden.“ Einen Abgang in Scham und Schande prophezeit Nicolas Sarkozy seinem Nachfolger, dem er es nie verziehen hat, dass er selbst nach fünf Jahren Präsidentschaft abgewählt worden ist. Wie es ist, von den Medien verpönt und den Wählern im Stich gelassen zu werden, das hat er selbst erlebt. Am Abend seiner Niederlage gegen den Sozialisten Hollande im Mai 2012 hat er sich schmollend ins Privatleben zurückgezogen und seinen Lebensunterhalt mit lukrativen Auftritten als Konferenzredner rund um die Welt verdient.

Nur wenige glaubten wirklich, dass er der Politik entsagen würde, die sein ganzer Lebensinhalt gewesen war, seitdem er sich als Student als Reaktion auf die linke Studentenrevolte vom Mai 1968 bei den Gaullisten engagiert hatte. Und nur wenige zweifelten daran, dass er nach der verpassten Wiederwahl ein Comeback versuchen würde, sobald die Umstände es erlaubten.

Jetzt ist es soweit. Sein Feind Hollande ist in der Klemme und so verhasst, wie sein Vorgänger es nie gewesen ist. Die Vertrauenskrise ist so groß, dass sich die Rechtspopulistin Marine Le Pen echte Chancen auf die Machtübernahme ausrechnen darf. Das Land sucht einen neuen Hoffnungsträger. Die bürgerliche Opposition aber ist intern total zerstritten. Sarkozy hat im eigenen Lager außer enormen Schulden für seine letzte Wahlkampagne auch ein Vakuum hinterlassen. Darum verspricht der Ex-Präsident in seiner „Familie“ – gemeint ist seine politische –, wieder für Ordnung zu sorgen, wie er Freitagabend via Facebook angekündigt hat. Es ist die offizielle Bewerbung für den Parteivorsitz der konservativen UMP beim Kongress am 29. November.

Seit Monaten hatte Paris darüber gemauschelt, und zuletzt war nicht die Frage ob, sondern wann und wie er seine Rückkehr in die politische Arena inszenieren würde. „Wäre das nicht doch etwas unter seinem Niveau?“, fragte sich besorgt die frühere Präsidentengattin Bernadette Chirac, eine treue Anhängerin. Sarkozys Comeback-Pläne sind aber ohnehin viel ambitiöser und für alle offensichtlich. Der UMP-Vorsitz ist nur eine erste Etappe, er will 2017 Präsidentschaftskandidat der bürgerlichen Rechten sein, um dann triumphierend in den Élysée-Palast zurückzukehren.

Als UMP-Parteichef könnte er womöglich noch verhindern, dass zur Nominierung des Präsidentschaftskandidaten 2016 Vorwahlen unter Einbezug der parteilosen Sympathisanten organisiert werden, wie dies vorderhand in den Statuten der UMP vorgesehen ist. Bei einem so unberechenbaren Selektionsverfahren nämlich hätte derzeit sein einziger gefährlicher Rivale, der frühere Premier, Ex-Außenminister und heutige Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppé, die besseren Chancen. Der 59-jährige Sarkozy, der sich mit täglichem Joggen fit hält, sieht jedoch auch in Juppé, der 2017 bereits 71Jahre alt sein wird, allein schon wegen dessen Alters keinen ernsthaften Konkurrenten.

Dass er unersetzbar sei, glaubt nicht nur Sarkozy. Wie ein Rockstar der Politik hat er seine Fans nie verloren. Diese hofften immer unverzagt auf seine Rückkehr. Wie intakt ihre Liebe war, konnte er bei jedem Konzert seiner Gattin Carla Bruni testen. Bei jedem Auftritt an der Côte d'Azur wurde Sarkozy als „Gaststar“ mit Applaus und Jubel begrüßt. Seinen Anhängern hat er darum auch zuerst seine Rückkehr in die aktive Politik via Internet erklärt. Ihnen versichert er, er komme nur aus Pflichtgefühl wieder zurück in die Arena. Das Land sei in einem so desolaten Zustand, dass er es nicht mit seinem Gewissen verantworten könne, ein Zuschauer zu bleiben. Er verspricht, die Partei „von Grund auf“ zu erneuern. Als Profi hat er diese Pläne von langer Hand vorbereitet und den günstigen Zeitpunkt für seine Ankündigung ausgewählt.

Dieser Mann, der schon als Präsident von 2007 bis 2012 vom Ausland wie ein kleiner Napoleon belächelt wurde und der auch heute von seiner historischen Mission als Retter der Nation überzeugt ist, übt ohne Zweifel eine Faszination auf seine Landsleute aus. In einer ersten Umfrage finden indes 55 Prozent, es sei keine gute Sache, dass er wieder mitmischen will.

Doch seine Rückkehr lässt niemanden kalt. Das wissen auch die Medien, für sie ist Sarkozy ein unerschöpfliches Thema – nicht nur wegen seiner grenzenlosen Ambition, sondern auch wegen diverser Ermittlungsverfahren, die er immer noch am Hals hat. Er steht unter anderem weiterhin im Verdacht der aktiven Bestechung eines Richters, der illegalen Finanzierung seiner Wahlkampagnen, der Begünstigung des befreundeten Finanzmanns Bernard Tapie. Auch das wäre allein schon ein guter Grund für sein Comeback: Falls er 2017 für weitere fünf Jahre gewählt wird, würde er erneut als Staatschef eine strafrechtliche Immunität genießen, und er könnte zuversichtlich hoffen, dass anschließend alles verjährt wäre. Nicht von ungefähr vergleicht man in Europa Sarkozy gern mit Silvio Berlusconi.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2014)

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