US-Allianz weitet Kampf gegen IS auf Syrien aus

Ein F/A-18C Hornet-Kampfjet bereitet sich auf dem US-Flugzeugträger USS George H.W. Bush für den Angriff auf IS-Ziele vor.
Ein F/A-18C Hornet-Kampfjet bereitet sich auf dem US-Flugzeugträger USS George H.W. Bush für den Angriff auf IS-Ziele vor.(c) REUTERS (US NAVY)
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Die USA bestreiten, Syriens Präsident al-Assad zuvor informiert zu haben. Jordanien beteiligte sich an den Einsätzen. Auch eine neue al-Qaida-Splittergruppe wurde attackiert.

Das US-Militär und die Streitkräfte von Partnerländern haben die islamistischt Terrormiliz IS (Islamischer Staat) erstmals auch auf syrischem Territorium mit Kampfjets, Bombern und Tomahawk-Marschflugkörpern angegriffen. Die syrische Regierung von Diktator Bashar al-Assad - an sich ein Gegner der USA - sei vor den Luftangriffen informiert worden, hieß es aus Damaskus. Das US-Außenministerium leugnet allerdings. Assads Regierung sei "nicht um Erlaubnis gefragt" worden. Man habe dem Regime keinen Hinweis gegeben, erklärte Sprecherin Jen Psaki.

Ohne Beteiligung von Verbündeten hätten die USA zudem acht Ziele der bisher eher unbekannten al-Qaida-Splittergruppe Khorasan in Syrien westlich von Aleppo bombardiert, schrieb das Pentagon auf Facebook.

Eine erste Opferbilanz zog die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Sie meldete, dass bei den Luftangriffen in Syrien mindestens 70 Extremisten getötet wurden. Etwa 300 Jihadisten seien verletzt worden, hieß es am Dienstag. Laut der Organisation trafen die Luftschläge auch das Hauptquartier der IS in der nordsyrischen Stadt al-Raqqa.

Jordanien an Luftangriff beteiligt

Doch die USA schlugen nicht alleine zu. Ein anonymer US-Regierungsmitarbeiter nannte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters und der "Washington Post" beteiligte Partnerstaaten. Diesen Informationen zufolge handelt es sich um arabische Staaten, nämlich Saudiarabien, Jordanien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain.

Zumindest von Jordanien weiß man, dass es sich mit eigenen Kampfflugzeugen an dem Einsatz beteiligte, wie das Staatsfernsehen bekanntgab. Das Emirat Qatar würde eine "unterstützende Rolle spielen." Zuletzt hatte US-Außenminister John Kerry versucht, Staaten im arabischen Raum für Angriffe gegen IS an Seite der USA zu gewinnen. Auch Österreich bekannte sich am Dienstag zur US-Allianz gegen die IS, allerdings freilich als politischer, nicht als militärischer Partner der USA.

(c) APA

Moskau: Angriffe destabilisieren Region

Russland hat die Luftangriffe in einer ersten Reaktion als "Verstoß gegen das Völkerrecht" kritisiert. Für einen solchen Militäreinsatz sei eine Zustimmung der syrischen Regierung oder ein Mandat des UN-Sicherheitsrates notwendig, erklärte das Moskauer Außenministerium. Der eigenmächtige Beschluss der USA und ihrer Verbündeten schüre nur die Spannungen und destabilisiere die Region. Kritik kam auch aus dem Iran. "Die Bekämpfung von Terrorismus kann kein Vorwand für die Verletzung der territorialen Integrität eines Landes sein", sagte Vizeaußenminister Amir Abdullahian am Dienstag.

Seit Wochen fliegen die USA und verbündete Staaten wie Frankreich bereits Luftangriffe gegen IS-Stellungen im Irak. Dass es zu US-Angriffen auch in Syrien kommen würde und damit zu einer massiven Ausweitung des militärischen US-Engagements in der Region, war seit einer Rede von US-Präsident Barack Obama vor rund zwei Wochen klar: Er werde nicht zögern, die IS-Terroristen sowohl im Irak als auch in Syrien zu attackieren, hatte er damals gesagt. Im Irak haben die USA bisher mindestens 190 Luftangriffe geflogen. Erst am Montag griff das US-Militär dort mit einem Mix aus bemannten und unbemannten Flugzeugen IS-Stellungen an und zerstörte westlich von Kirkuk einen Panzer und drei Fahrzeuge.

Auch Angriffe auf al-Nusra-Front

Die Luftangriffe konzentrieren sich auf IS-Stellungen in der nordsyrischen Provinz al-Raqqa, wo die radikalsunnitischen Extremisten einen ihrer zentralen Stützpunkte haben. Weitere Ziele seien entlang der syrisch-irakischen Grenze attackiert worden.

Die Angriffe galten aber offenbar nicht nur dem IS, sondern auch der al-Qaida-nahen al-Nusra-Front. Diese bekämpft ebenfalls den syrischen Diktator Bashar al-Assad und steht zum "Islamischen Staat" in einem Rivalitätsverhältnis. Laut der in London ansässigen syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden mindestens 30 al-Nusra-Kämpfer getötet.

Bei ihren Angriffen haben die USA angeblich erstmals auch F-22 „Raptor“ Kampfflugzeuge eingesetzt. Das sagte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums in der Nacht auf Dienstag dem US-Sender ABC. Der Jagdflieger hat Tarnkappeneigenschaften und ist bisher noch nicht kampferprobt. Die F-22-Jets gelten als die teuersten und modernsten Jagdflugzeuge der US-Luftwaffe. Ein Flugzeug kostet etwa 189 Millionen Dollar (147 Millionen Euro). 

IS droht mit Ermordung französischer Geisel

Unterdessen befindet sich ein in Algerien entführter französischer Tourist in den Händen einer Splittergruppe des IS. Das Außenministerium in Paris bestätigte am Montagabend die Existenz eines Videos der Islamisten. Darin droht eine Jund al-Khilifa genannte Gruppe mit der Ermordung der Geisel, wenn Frankreich nicht seine Militärschläge gegen den IS im Irak einstelle. Die französische Regierung will den Forderungen der islamistischen Entführer jedoch nicht nachgeben. "Eine Terrorgruppe kann Frankreichs Haltung nicht verändern", sagte der französische Außenminister Laurent Fabius am Montag, deshalb seien Drohungen zwecklos.

Angesichts des Vormarsches des IS bereitet sich die Türkei auf eine weitere Massenflucht von Syrern vor. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte dem türkischen Sender NTV, mehr als 138.000 Flüchtlinge hätten die Grenze seit deren Öffnung am Freitag passiert. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu vor Beginn der UN-Vollversammlung in New York, inzwischen hätten insgesamt 1,5 Millionen Menschen vor allem aus Syrien in der Türkei Zuflucht gesucht.

(APA/hd)

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