Großbritannien: Labour-Chef Ed Miliband ging Cameron in die Falle

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Die Ankündigung des britischen Premiers in Bezug auf eine Neuordnung der Union erwischte die Labour-Partei auf dem falschen Fuß. In ihrer Bastion Schottland verliert sie, und in England steht sie erst recht auf verlorenem Posten.

London. Nach dem Referendum in Schottland hat in Großbritannien mit der traditionellen Parteitagssaison der Wahlkampf für die Unterhauswahl im Mai 2015 begonnen. Den Auftakt macht diese Woche in Manchester die oppositionelle Labour Party, deren Spitzenmann Ed Miliband gestern in seiner Grundsatzrede erklärt hat: „Wir können ein besseres Großbritannien schaffen.“ Seine Partei habe einen „langfristigen Plan“, der unter anderem höhere Steuern für Reiche und mehr Investitionen in das Gesundheitswesen und eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf acht Pfund in der Stunde vorsieht.

Mit seinen Ankündigungen versuchte Miliband, das Herz der Partei zu streicheln. Und das schlägt immer noch links. Zwar liegt Labour nach der jüngsten Umfrage mit 36 Prozent vor den Konservativen mit 31 Prozent. Zugleich aber stehen Milibands Zustimmungswerte bei minus 43 Prozent, ein historischer Tiefststand, von dem noch nie ein Oppositionsführer den Sprung in die Downing Street geschafft hat. Selbst unter den Labour-Wählern glaubt nur ein Viertel, dass er die Wahl gewinnen kann.

Milibands Auftritte sind bisweilen selbst engsten Anhängern peinlich. Dem 44-jährigen Intellektuellen ist die Interaktion mit dem Publikum bis heute spürbar unangenehm. Besonders schmerzhaft wird es, wenn er von PR-Betreuern zu Posen gezwungen wird, wie beim Verzehr eines Bacon-Sandwichs, des Proletarierfrühstücks.

Redeverbot am Parteitag

Miliband begeht aber auch politische Fehler. Auf die Ankündigung des konservativen Premiers, David Cameron, am Morgen nach dem Schottland-Referendum, nun auch die Frage der Mitbestimmung Englands in der Union auf die Tagesordnung zu bringen, war er völlig unvorbereitet. Schlimmer noch: Über den Parteitag wurde dazu von der Führung praktisch ein Redeverbot verhängt: Miliband selbst verweigerte in einem BBC-Interview am Sonntag nicht weniger als 13 Mal die Antwort, ob er der Forderung „Englische Stimmen für englische Themen“ zustimme.

Es mag stimmen, dass Cameron mit seiner Ankündigung, bis Jänner eine Neuordnung der Union auszuarbeiten, vor allem der Opposition eine Falle stellen wollte. Aber das war vollkommen vorhersehbar. Labours Gegenposition, stattdessen einen Verfassungskonvent einzuberufen und in vielen Jahren eine neue Verfassung zu entwickeln, ist alles andere als ein Wahlkampfhit.

Derzeit stimmen schottische Abgeordnete (41 von 59 in Schottland) in allen Fragen des britischen Parlaments mit. Dieses Prinzip aufzugeben wäre für Labour besonders schwer. Denn Schottland ist so etwas wie das traditionelle und emotionale Herz der Labour Party.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2014)

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