Syrien: Barack Obamas Feldzug gegen die IS-Miliz

(c) Reuters (GARY CAMERON)
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Die von den USA geführte Allianz gegen den IS weitet mit Angriffen in Syrien die Kampfzone aus. Österreich beteiligt sich mit humanitärer Hilfe.

Wien/New York. Vor der UN-Sicherheitsratssitzung am Mittwoch in New York, die ganz im Zeichen des Kampfs gegen die Extremisten-Milizen des Islamischen Staats (IS) stehen und die der US-Präsident höchstpersönlich leiten wird, hat Barack Obama als Kriegsherr vollendete Tatsachen geschaffen. Wie am Vorabend des 9/11-Jahrestags vor zwei Wochen angekündigt, ordnete er in der Nacht auf Dienstag massive Luftangriffe gegen IS-Stellungen in Syrien an, insbesondere gegen deren Hochburg Raqqa.

Ins Visier nahmen die US-Militärs samt ihren arabischen Verbündeten dabei auch die islamistische al-Nusra-Front und die Terrorgruppe Khorasan, einen Ableger der al-Qaida, die angeblich drauf und dran war, Terroranschläge im Westen auszuüben. Die Angriffe markierten das Startsignal für eine konzertierte Aktion der Weltgemeinschaft im Anti-IS-Kampf, die auch die Rekrutierung von Kämpfern aus dem Ausland und die Finanzierung aufs Korn nimmt.

Syrien. Die Oppositionsgruppe Nationale Koalition applaudierte der Militäraktion postwendend. Im Zuge des dreieinhalbjährigen Bürgerkriegs hatte sie bisher vergeblich eine Bewaffnung der Rebellengruppen und eine Militärintervention des Westens gefordert – freilich gegen das Regime Bashar al-Assads.

Der Diktator könnte indessen zum Nutznießer der Militärschläge werden. Assad war nur indirekt eingeweiht. Der US-Außenminister informierte den syrischen UN-Botschafter, und in einem Brief über den irakischen Außenminister setzte er auch seinen syrischen Amtskollegen offiziell in Kenntnis – nur Stunden vor Beginn der Angriffe. Wie es heißt, soll der Irak das Nachbarland Syrien weiterhin über die Aktionen der Allianz am Laufenden halten. Es ist ein gravierender Unterschied zu den US-Angriffen auf die IS-Milizen im Irak, die die Regierung in Bagdad von Washington erbeten hat.


Saudiarabien. Kerry ist vor wenigen Wochen in die saudische Hauptstadt, Riad, gereist, um eine breite Allianz unter demonstrativem Einschluss arabischer Staaten zu schmieden. Mit Erfolg: Saudiarabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain, Katar und Jordanien beteiligten sich aktiv an der ersten Angriffswelle. Da sich die Monarchien vom IS in ihrer Existenz bedroht sehen, legten sie ihre Differenzen beiseite. Die Scheichs aus Saudiarabien und Katar hatten anfangs die Extremisten im Bürgerkrieg gegen Assad gesponsert und so erst das Schreckgespenst der Kämpfer mit ihren schwarzen Bannern herangezogen.

Iran. Das Außenministerium in Teheran verurteilte in einer ersten Stellungnahme die illegalen Angriffe, die nicht durch das Völkerrecht oder eine UN-Resolution gedeckt seien. Hinter den Kulissen existiert allerdings seit dem Vormarsch der IS-Einheiten im Irak eine indirekte Kooperation. Die schiitische Republik entsandte hochrangige Generäle und Militärberater nach Bagdad, um der von Schiiten dominierten Regierung im Überlebenskampf gegen die sunnitischen Extremisten beizustehen – und so auch eine Bedrohung der eigenen Grenzen abzuwenden. Als die USA im August ihre ersten Angriffe im Irak starteten, hatte der Iran dann auch nichts einzuwenden. Zuletzt boten die iranischen Mullahs den USA eine Zusammenarbeit im Anti-IS-Krieg an, im Tauschhandel gegen Konzessionen im Atomstreit. Kerry drängte auf Hilfe aus Teheran, Irans Präsident Rohani gilt bei der UN-Generalversammlung in New York als einer der meisthofierten Gesprächspartner.



Russland. Außenminister Sergej Lawrow könnte in New York zum Spielverderber avancieren. Auch Moskau pocht als Vetomacht im Sicherheitsrat auf das Völkerrecht, vor allem als Revancheakt an der Kritik des Westens an der Politik Wladimir Putins in der Ukraine. Dabei profitiert Russland indirekt – als Schutzmacht Assads – von den Angriffen in Syrien.


EU. Außenminister Laurent Fabius kündigte an, dass sich Frankreich nur im Irak, nicht aber in Syrien an den Luftschlägen beteiligen werde. Dies würde die Rolle der Nation überfordern. Nach einer Parlamentsschlappe im Vorjahr zögert auch der britische Premier, David Cameron, sich für die Allianz militärisch in die Bresche zu schlagen. Als loyaler Partner ist Großbritannien sonst stets an der Seite der USA. Deutschland schloss ein direktes Militärengagement aus, Berlin liefert stattdessen Waffen an die Kurden – eine Premiere für die Bundesrepublik.


Österreich. Noch vor dem Abflug zur UNO-Vollversammlung nach New York sagte Außenminister Sebastian Kurz der Anti-IS-Allianz die politische Unterstützung Österreichs zu – nicht jedoch die militärische. Die Regierung in Wien werde humanitäre Hilfe für Flüchtlinge bereitstellen, erklärte er – insbesondere für Minderheiten wie Christen und Yeziden. Es sei wichtig, hob er hervor, dass es keine religiösen Trennlinien gebe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2014)

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