„IS will die Zivilisation zerstören“

Irans Präsident Rohani sprach vor der UNO in New York.
Irans Präsident Rohani sprach vor der UNO in New York.APA/EPA/JUSTIN LANE
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Präsident Rohani stimmte in seiner Rede vor den Vereinten Nationen in die Aufrufe zum Kampf gegen den Terror ein und stellte eine historische Einigung im Atomstreit in Aussicht.

Diesmal verließ niemand den Saal. Die Zeiten, als ein iranischer Präsident die UN-Generalversammlung mit antisemitischen Hetzreden schockierte, sind vorbei. Hassan Rohani war in New York bemüht, sich und seine Islamische Republik von der freundlich lächelnden und konstruktiven Seite zu zeigen.

Der Iran und der Westen haben nun einen gemeinsamen Feind: die Terrormilizen des Islamischen Staats. Und mit dieser „mörderischen Bande“, mit dem „Feuer des Extremismus und Radikalismus“ setzte sich Rohani in der Rede vor den Vereinten Nationen ausführlich auseinander. So wie sich die Extremisten der Welt vereint hätten, müsse sich die Welt gegen sie vereinen. Denn das Ziel des IS sei die „Zerstörung der Zivilisation“, sagte Rohani und verkniff sich dabei nicht einen Seitenhieb: Erst die strategischen Missgriffe des Westens im Nahen Osten hätten den Terroristen zu neuen sicheren Häfen verholfen. Er, Rohani, wundere sich jedoch, dass westliche Medien die fälschliche Selbstbezeichnung der Terroristen als „islamisch“ übernähmen. Denn das steigere doch nur die Islamophobie.

Willen zur Kooperation

Der Kampf gegen die IS-Terroristen eröffnet dem Iran eine neue Möglichkeit, Kooperationswillen zu zeigen. Auch Rohani ist entschlossen, die sunnitischen Extremisten im benachbarten Irak auszuradieren. Die Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien, dessen Regime der Iran tatkräftig unterstützt, lehnt der iranische Präsident jedoch ab, wie er schon vor seiner UN-Rede klargestellt hatte.

Seit Tagen tingelt Rohani durch New York, um das Image des Iran aufzupolieren. In einer Rede vor der New Atlantic hatte er schon in der Nacht auf Donnerstag erklärt, dass er US-Präsident Barack Obama zustimme: Die Chance auf eine Lösung des Atomstreits dürfe nicht vergeudet werden. Vor der UNO geißelte Rohani die „repressiven Sanktionen“ gegen den Iran und pries die „offenen und transparenten“ Verhandlungen, die der Iran seit Monaten führe. In der kurzen verbleibenden Zeit sei der Iran bereit, ein umfassendes Abkommen zu erreichen, das jedoch das Recht auf Urananreicherung beinhalten müsse. Eine historische Einigung könne den Beginn einer neuen Ära der multilateralen Kooperation markieren, um Frieden und Stabilität in der Region herzustellen.

Am Rande der UN-Generalversammlung verhandelte Irans Außenminister Javad Zarif weiter über eine Beilegung des Atomkonflikts. Diesmal nicht mehr bilateral, mit Amerikanern und Europäern, diesmal saßen wieder alle am Tisch: die scheidende Hohe Repräsentantin der EU, Catherine Ashton, sowie Vertreter der fünf ständigen Sicherheitsratsmitglieder (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) und Deutschlands. Bis 24. November ist noch Zeit, den Dauerstreit um das iranische Atomprogramm endlich zu begraben. Bis 1. November ist Ashton noch im Amt. Doch sei dürfte auch länger mit den Iran-Agenden betraut bleiben, wenn es denn erforderlich ist. Immer noch spießt es sich an den bekannten Punkten. Wie hoch darf der Iran sein Uran anreichern, wie lange soll ein Ankommen Gültigkeit haben, wie wird es überprüft, und wer setzt den ersten Schritt?

Finish für Atomgespräche

In New York ging es darum, einen Fahrplan für das Finish zu erstellen. Außenminister Sebastian Kurz bot dem iranischen Präsidenten bei einem Treffen am Rande der Generalversammlung neuerlich Wien als Verhandlungsort an. Rohani wäre gerne bereit dafür. Und er würde vor allem auch gerne wieder iranisches Erdgas nach Europa liefern. Im Gespräch mit Kurz und Bundespräsident Fischer erneuerte er sein Lockangebot, das in Zeiten der europäischen Reibereien mit Russland an Reiz gewinnt.

Doch Fischer stellte danach klar: Der Iran könne mit seinem Energiereichtum Österreich nicht aus der „europäischen Haltung“ herauslösen. Zugleich fügte er hinzu: „Wir wären sehr erleichtert, wenn es eine vernünftige Vereinbarung gibt, die sicherstellt, dass der Iran mit seinem Atomprogramm keine militärischen Zwecke verfolgt.“ Dann werde er auch eine Einladung nach Teheran wahrnehmen.

In Österreich sehen die Iraner einen Verbündeten innerhalb der EU. Sie suchen aber auch die Annäherung zu alten Feinden. In New York kam Rohani mit dem britischen Premier David Cameron zusammen. Es war das erste Gespräch eines britischen Regierungschefs mit einem iranischen Staatsoberhaupt seit 1979, seit der Islamischen Revolution. Zusammengeführt hatte sie gewissermaßen IS, der Islamische Staat. Ein Sprecher Camerons fasste danach den Sukkus der Unterredung so zusammen: Beide Politiker hätten übereingestimmt, dass alle Staaten in der Region mehr unternehmen sollten, um die Terrormilizen zu stoppen, vor allem sollte ihnen der Geldhahn abgedreht werden.

Rohani verschickte nach dem Treffen sogleich per Twitter ein Foto von seinem Shakehands. Darunter der Text: „Eine Stunde konstruktiven und pragmatischen Dialogs, neuer Ausblick.“ Der Mann weiß, wie man sich verkauft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2014)

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