"Es gibt keinen Raum für Dialog", sagen die Studentenführer. Sie verlangen, dass Hongkongs Regierungschef bis morgen abtritt.
Der Ton der Anführer der Demokratiebewegung in Hongkong wird rauer: Die Studentenführer haben am Mittwoch mit der Besetzung mehrerer Regierungsgebäude gedroht, falls ihre Forderungen nicht erfüllt werden. Hongkongs Verwaltungschef Leung Chun-ying müsse bis Donnerstag zurücktreten, verlangte Lester Shum, Vizegeneralsekretär der Studentenvereinigung, vor Journalisten.
"Da die Regierung die Polizei angewiesen hat, 87 Geschoße mit Tränengas bei den Protesten abzufeuern, gibt es keinen Raum für Dialog", sagte Shum über Leung. "Wenn er bis morgen nicht zurückgetreten ist, werden wir unsere Aktionen verschärfen, wie etwa mehrere wichtige Regierungsgebäude besetzen."
Von ihren früheren Drohungen, einen Arbeiterstreik auszurufen oder die Proteste auszuweiten, schienen die Studenten eher wieder abzurücken.
Cyber-Angriffe auf Demonstranten
China geht unterdessen offenbar auch mit Cyber-Angriffen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong vor. Wie das Sicherheitsunternehmen "Lacoon Mobile Security" am Mittwoch berichtete, seien die Mobiltelefone von Demonstranten in Hongkong gezielt mit einem "Trojaner", einem speziellen Typus von Schadsoftware, angegriffen worden. Mit dieser Software, die Handys und Tablets mit dem Apple-Betriebssystem iOS ins Visier nimmt, könnten die Angreifer Daten wie SMS, Fotos und Passwörter stehlen.
Bereits vergangene Woche war eine ähnliche Software entdeckt worden, die das Google-Betriebssystem Android betrifft. Da im Programmcode des neuen Trojaners Chinesisch zu finden sei, gehe man von Angreifern mit Sitz in China. Der Schädling wurde auf den Namen "Xsser" getauft.
Die Proteste in Hongkong überschatten auch die Feiern zum chinesischen Nationalfeiertag. Tausende Demonstranten trotzen in der Nacht zum Mittwoch dem heftigen Regen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion. Die Demonstrationen weiteten sich auf das populäre Einkaufsviertel Tsim Sha Tsui auf der Halbinsel Kowloon aus, das auch bei Touristen sehr beliebt ist.
Mit einem Schweigeprotest begleiteten die Demonstranten die morgendliche traditionelle Flaggenzeremonie, während Regierungschef Leung Chun-ying und Ehrengäste bei einem offiziellen Empfang mit Sektgläsern auf den Feiertag anstießen. Demonstrativ wandten Studentenführer Joshua Wong und andere Aktivisten der Zeremonie den Rücken zu, als die Flaggen Chinas und Hongkongs gehisst wurden. Die Demonstranten hielten schweigend die Hände über Kopf gekreuzt.
Bei der Zeremonie verteidigte Regierungschef Leung den Beschluss des Volkskongresses in Peking für direkte Wahlen 2017 in Hongkong, bei denen die Kandidaten für das Amt des Regierungschefs aber nicht frei nominiert werden dürfen. "Allgemeine Wahlen abzuhalten ist besser als überhaupt keine allgemeinen Wahlen zu haben", sagte Leung. "Wohlstand und Stabilität in Hongkong in der Zukunft zu wahren, ist ein wichtiger Teil des 'Chinesischen Traumes'", sagte Leung unter Hinweis auf die Leitideologie von Staats- und Parteichefs Xi Jinping.
Die chinesische Zensur unternahm unterdessen weiter große Anstrengungen, um die Verbreitung von Nachrichten aus Hongkong in der Volksrepublik zu unterbinden. Der Satellitenempfang des amerikanischen Senders CNN und der britischen BBC wurde gestört, wenn Berichte zu Hongkong kamen. Erstmals wurde am Mittwoch auch die Webseite der englischsprachigen Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" geblockt. In Chinas sozialen Medien werden massenhaft Kommentare zu Hongkong gelöscht. Twitter, Facebook oder Youtube sind in China ohnehin immer gesperrt.
(APA/dpa/Reuters/AFP)