300 Dörfer erobert: IS trotzt Luftschlägen der US-Koalition

An vielen Frontabschnitten stehen einander IS und Kurden gegnüber, hier im Nordirak
An vielen Frontabschnitten stehen einander IS und Kurden gegnüber, hier im Nordirakimago/Xinhua
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Die Terrormiliz Islamischer Staat rückt an der türkischen Grenze anscheinend unaufhaltsam vor. In Ankara löst dies zunehmend Nervosität aus, eine Intervention wird vorbereitet.

Die Luftschläge der US-geführten Koalition, an denen sich seit Dienstagabend auch Großbritannien beteiligt, können den Vormarsch der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) offenbar nicht stoppen: Wie am Mittwoch bekannt wurde, haben die IS-Kämpfer alleine bei ihrem Vormarsch auf die syrische Kurdenstadt Kobane an der Grenze zur Türkei binnen zwei Wochen 325 Dörfer unter ihre Kontrolle gebracht. Dies meldete die in London ansässige syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die über ein dichtes Informantennetz in der Region verfügt.

Die IS-Miliz steht mittlerweile im Osten, Süden und Westen vor der Stadt Kobane, im Norden grenzt die Enklave, die bisher von kurdischen Volksschutzeinheiten kontrolliert wird, an die Türkei. Am Dienstag waren die Jihadisten bis auf zwei Kilometer an Kobane herangerückt. Zwischen den Stellungen der IS und der Kurden liege nur noch ein freies Feld, berichtete deren Kommandant Rami Abdel Rahman. „Die Kämpfer können sich sehen.“

Syrien - Kampf um Kobane
Syrien - Kampf um KobaneAPA

IS-Einheiten rückten zudem auf das Grabmal von Süleyman Schah am Euphrat vor, das gemäß einem Abkommen aus dem Jahr 1921 türkisches Territorium ist und von einer Gruppe türkischer Soldaten bewacht wird. Berichte, wonach diese von der IS gefangen genommen wurden, dementierte der türkische Vize-Premier Bülent Arinc am Dienstagabend. Bereits 2012 hatte die türkische Regierung erklärt, eine Eroberung des Mausoleums wäre ein Kriegsgrund. Dies hatte der damalige Präsident Abdullah Gül im heurigen März nochmals bestätigt.

IS ließ 70 entführte Schüler frei

Erfreuliche Nachrichten gaben dafür die Eltern von rund 70 im Mai in Aleppo entführten kurdischen Schülern bekannt. Ihre Kinder im Alter von 13 bis 15 Jahren seien wieder frei, zitierte die Beobachtungsstelle die Eltern. Die Entführten waren Teil von insgesamt 153 Schülern, gut 40 von ihnen wurden unmittelbar nach ihrer Geiselnahme wieder freigelassen, rund 30 Jugendliche würden sich weiterhin der Gewalt des „Islamischen Staates“ befinden.

Während rund um Kobane der IS unaufhaltsam auf dem Vormarsch ist, gab es zumindest aus dem Irak Erfolgsmeldungen seitens der kurdischen Peshmerga-Kämpfer: Ihnen gelang es die IS-Miliz aus mehreren Orten im Nordirak zu vertreiben. Die Kurden setzten dabei auch schwere Waffen ein, die ihnen vom Westen geliefert worden waren, wie die irakische Nachrichtenseite Al-Mada berichtete.

Wichtiger Grenzposten erobert

Dabei konnten die Peshmerga auch einen strategisch wichtigen Grenzposten zwischen Syrien und der Türkei erobern. Die ungehinderte Möglichkeit, die von ihnen an viele Abschnitten kontrollierte irakisch-syrische Grenze zu überqueren, beschert den IS-Kämpfern einen großen strategischen Vorteil. Der Verlust des Grenzübergangs Rabia macht dies für die Extremisten nun schwieriger.

Die Türkei zog angesichts des IS-Vormarschs auf Kobane Truppen an der Grenze zusammen. Die Streitkräfte hätten 35 Panzer in der Region aufgefahren, berichtete die regierungsnahe Zeitung „Sabah". Die Panzer hätten 400 Meter von der Grenze entfernt Stellung bezogen.

Türkische Panzer wurden an der Grenze zu Syrien zusammengezogen
Türkische Panzer wurden an der Grenze zu Syrien zusammengezogenAPA/EPA/SEDAT SUNA

Die Regierung in Ankara legte am späten Dienstag dem Parlament eine Resolution für ein militärisches Eingreifen im Irak und in Syrien vor. An der Landgrenze im Süden der Türkei gebe es einen ernsthaften Zuwachs von Risiken und Bedrohungen, die die nationale Sicherheit wegen der jüngsten Entwicklungen in der Region bedrohten, heiße es in der Begründung des Antrags, die von Ministerpräsident Ahmet Davutoglu unterzeichnet worden sei, berichtete die Nachrichtenagentur Anadolu in der Nacht zum Mittwoch. Die Zeitung „Hürriyet“ schrieb ergänzend, das Mandat umfasse auch die Öffnung türkischer Militärbasen für ausländische Truppen. Über die Resolution soll am Donnerstag abgestimmt werden.

(APA/DPA/AFP/Reuters)

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