Belgrader Parade für Wladimir Putin

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Serbiens erste Militärparade seit 29 Jahren zum 70.Jahrestag der Befreiung Belgrads ist wegen des Besuchs des russischen Präsidenten vorverlegt worden. Sie stößt nicht nur im Westen auf Skepsis.

Belgrad. Tiefflieger düsen über die Dächer der Stadt, als wäre sie im Ausnahmezustand. Soldaten auf dem Belgrader Nikola-Tesla-Boulevard polieren die olivgrüne Karosserie der aufgereihten Militärtransporter. „Die Armee übt 24 Stunden am Tag für Putin“, berichtet aufgeregt das Boulevardblatt „Kurir“ vor dem heutigen Militärspektakel. Tatsächlich ist angesichts der ersten Militärparade seit 29 Jahren in Serbiens Hauptstadt Hektik ausgebrochen. 4500 Soldaten sollen am Donauufer entlangdefilieren.

„Es ist natürlich, dass man Lampenfieber hat, wenn Wladimir Putin zuschaut“, berichtet Generalmajor Miloslav Simović. Offizieller Anlass ist der 70. Jahrestag der Befreiung Belgrads, für den hohen Gast aus Moskau sind die Feierlichkeiten allerdings um vier Tage vorverlegt worden. Die Parade anlässlich der sechsstündigen Belgrad-Visite des russischen Präsidenten stößt nicht nur im Westen auf Skepsis, sondern ist auch in Serbien nicht unumstritten.

Dabei kann sich der Kreml-Chef bei dem zwischen Ost und West lavierenden EU-Anwärter trotz der Ukraine-Krise weiterhin ungebrochener Sympathien erfreuen. 71Prozent der Serben sollen laut den Demoskopen den Besuch Putins begrüßen. Doch sowohl an dem Timing seiner Visite als auch dem der Parade scheiden sich die Geister. Putin sei immer ein willkommener Gast, versichert der eher russophile Beobachter Djordje Vukadinović. Doch die für ihn veranlasste Vorverlegung der Befreiungsfeierlichkeiten sei „unnötig und geschmacklos“ und eine ähnlich „unehrliche Anbiederung“, wie sie schon seit Längerem gegenüber der deutschen Bundeskanzlerin, Angela Merkel, demonstriert werde.

„Komplexe kleiner Staatsmännchen“

Die Parade zeuge vom Stolz des Landes, verkündet Verteidigungsminister Branislav Gasić. Außer dem Zeitpunkt kritisiert die marginalisierte Opposition im Parlament vor allem die hohen Kosten und den geringen Nutzen der Parade, die wegen der veralteten Ausrüstung der Armee ohnehin nicht viel Neues zu zeigen habe. Noch härter gehen hämische Internetsurfer mit der Aktion ins Gericht. „Wenig Brot und zu viel Zirkus“, heißt es auf dem Portal des TV-Senders B92 ätzend. Dies sei eine „Parade der Komplexe“ kleiner Staatsmännchen, die sich nur groß fühlen, wenn sie sich bei den Großen einschmeicheln könnten, spöttelt eine Frau.

Eher grundlegender Art sind die Zweifel von Polit-Insidern und ausländischen Diplomaten, die negative Auswirkungen des demonstrativen Schulterschlusses mit Putin bei der Annäherung an die EU fürchten. Denn schon jetzt regt sich bei einigen EU-Staaten Kritik, dass Belgrad sich mit dem Verweis auf die besonderen Beziehungen zu Russland weiter weigert, sich den Sanktionen anzuschließen.

Das Bedürfnis Putins nach einer „solchen Manifestation“ sei derzeit größer als das heimische, konstatiert die Zeitung „Blic“: Der kalte und heiße Krieg um die Ukraine begründeten sein Interesse, „Konsequenz im antifaschistischen Kampf zu demonstrieren“. Eher unwirsch wischt Premier Aleksander Vucić alle Einwände gegen Belgrads Eiertanz zwischen Ost und West beiseite. Es gebe „wichtigere Fragen auf der Erdkugel“ als Putins Besuch: „Aber es ist wichtig, dass Serbien denen Respekt bezeugt, die Belgrad befreiten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2014)

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