EU muss auf Gipfel in Sibirien mit Abfuhr rechnen

Der EU/Russland-Gipfel am Donnerstag und Freitag im sibirischen Chanty-Mansijsk soll den Start für die lange verzögerten Verhandlungen für ein neues Partnerschaftsabkommen zwischen den beiden Blöcken bringen. Der Russland-Experte Gerhard Mangott glaubt nicht nur an einen langwierigen Verhandlungsprozess.

"Wenn es ein Abkommen gibt, dann wird der Ratifizierungsprozess vermutlich an Polen oder den Balten scheitern", sagte er in einem Interview mit dem "Kurier". Spannungen zwischen Moskau und Polen aber auch mit Litauen hatten das Grüne Licht für das Verhandlungsmandat der Europäischen Union mit Russland seit Herbst 2006 verzögert. Damals hatte Polen im Streit um von Russland beanstandete und mit einem Importverbot belegte Fleisch- und Agrarprodukte sein Veto gegen den geplanten Beginn der Verhandlungen eingelegt. Danach blockierte jedoch Litauen den Startschuss für die Gespräche, weil es auf der Wiederaufnahme russischer Erdöllieferungen durch die Druschba-Pipeline an die einzige Raffinerie Litauens bestand.

"Was Russland stört, ist, dass bilaterale Probleme zu europäischen gemacht werden. Diese Form der Solidarität ist dem Verhältnis EU/Russland nicht zuträglich", verweist Mangott dazu auf Aussagen des neuen russischen Präsidenten Medwedew. Der Politologe sieht Europa in der Rolle des politischen und energiewirtschaftlichen Bittstellers gegenüber Russland.

Der EU-Außenbeauftragte Solana hat sich unmittelbar vor Beginn des Gipfeltreffens in Chanty-Mansijsk für klare Energie-Regeln im geplanten, neuen Grundlagenabkommen mit Moskau ausgesprochen. Es müsse das Prinzip einer "transparenten, ehrlichen Konkurrenz ohne Diskriminierung" gelten, forderte er in einem am Donnerstag von der russischen Agentur Interfax veröffentlichten Interview. Mangott: Die EU wolle Energiezusagen, die Russland nicht gebe. "Russland wird die EU abblitzen lassen."

Dies betreffe auch andere Bereich wie den Südkaukasus, den die EU ansprechen wolle, so Mangott. Auch aus energiepolitischen Gründen unterstützt die EU gemeinsam mit den USA die NATO-Ambitionen Georgiens. Als Transitland soll die frühere Sowjet-Republik den Europäern dazu dienen, ihre Energieversorgung durch neue Quellen in Zentralasien zu diversifizieren und somit weniger von Russland abhängig zu machen. Hier geht es vor allem um den Bau der transkaspischen Pipeline, über die Öl und Gas aus Turkmenistan und Kasachstan nach Baku gelangen soll. Eine Öl- und eine Gaspipeline existieren bereits durch Georgien in Richtung Europa. Moskau tritt einem NATO-Beitritt Georgiens scharf entgegen und unterstützt die beiden von der Regierung in Tiflis abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien.

So steht den Forderungen der EU nach klaren Zielen der Partnerschaft - vor allem im Energiebereich - und dem Wunsch, den russischen Energiemarkt für europäische Unternehmen zu öffnen, die Ansage Medwedews entgegen: Das Abkommen dürfe sich nicht in Details verlieren. Auf eine frühere Vereinbarung zurückgreifen wie auf den Vertrag von Nizza im Fall des Neins der Iren zum Reformvertrag als angestrebte neue EU-Rechtsgrundlage kann Europa bei Russland nicht: Das aus dem 1997 stammende Partnerschaftsabkommen mit Moskau ist eigentlich bereits mit Ende 2007 ausgelaufen.

(APA)

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