Karadzic: Geheimabsprache mit Holbrooke?

Richard Holbrooke
Richard Holbrooke(c) AP (Virginia Mayo)
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Bereits 1996 soll Radovan Karadzic mit dem US-Diplomaten auf Straffreiheit im Ausgleich für einen Rückzug aus der Öffentlichkeit vereinbart haben. Richard Holbrooke bestreitet dies jedoch.

Die Festnahme von Radovan Karadzic hat erneut seine angebliche Absprache mit dem einstigen US-Balkan-Beauftragten Richard Holbrooke aufs Tapet gebracht. Wie serbische Medien am Donnerstag berichteten, habe Karadzic vor seiner Überstellung an das UNO-Kriegsverbrechertribunal am gestrigen Mittwoch in einem Gespräch mit Staatsanwalt Slobodan Radovanovic in Belgrad selbst gesagt, dass ihm Holbrooke Straffreiheit versprochen habe, wenn er alle öffentlichen Ämter - den Posten des Präsidenten der Republika Srpska und jenen des Vorsitzenden der Serbischen Demokratischen Partei (SDS) - aufgebe.

Von einer diesbezüglichen Einigung der beiden Seiten hatte kürzlich auch der frühere Außenminister der bosnischen Serbenrepublik, Aleksa Buha, gegenüber Medien gesprochen: "Ich war bei diesem Ereignis mit Richard Holbrook anwesend. Die Absprache wurde im Juni 1996 erreicht." Holbrooke habe damals mit einem entsprechenden Papier gefächelt, sagte Buha.

Ein Jahr später soll eine ähnliche Absprache auch mit der damaligen US-Außenministerin Madeleine Albright erzielt worden sein. Den Aussagen Buhas war jedoch zu entnehmen, dass auf dem genannten Dokument lediglich die Unterschrift Karadzics nicht aber auch jene Holbrookes stand.

Holbrooke will aussagen

Holbrooke hat wiederholt irgendeine Vereinbarung mit Karadzic bestritten. Er sei bereit, im Prozess gegen den ehemaligen Führer der bosnischen Serben auszusagen, wenn er vorgeladen sollte, soll der ehemalige amerikanische Balkan-Beauftragte versichert haben.

Karadzic wird am heutigen Donnerstagnachmittag die Gelegenheit haben, sich bei seiner ersten Anhörung zur Tribunalsanklage zu äußern, die ihm in elf Punkten Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen das Kriegsrecht während des Bosnien-Krieges (1992-95) vorwirft. Die schwersten Vorwürfe beziehen sich auf das Massaker von Srebrenica, wo von Truppen der bosnischen Serben im Sommer 1995 rund 8.000 muslimische Einwohner ermordet wurden. Aber auch die dreijährige Belagerung und der Beschuss von Sarajevo werden Karadzic, der sich zwölf Jahre auf der Flucht befand, zur Last gelegt.

Sowohl zu Srebrenica als auch Sarajevo wurden vor dem Haager UNO-Gericht bereits Prozesse geführt. Der ehemalige Kommandant des bosnisch-serbischen Drina-Korps, Radislav Krstic, wurde vor vier Jahren zu 35 Jahren Haft verurteilt. Dies war im Fall Srebrenica die bisher höchste Strafe. Der ehemalige Kommandant der Truppen der bosnischen Serben um Sarajevo, Slanislav Galic, erhielt lebenslänglich für die Belagerung der bosnischen Hauptstadt.

(Schluss) oz/mri/sm

(APA)

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