Ade, Corsair: Der "Korsar der Lüfte" fliegt nicht mehr

Griechische Corsair II
Griechische Corsair IIwww.planespotters.net (Panagiotis Pietris)
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47 Jahre nach seiner Einführung wurden dieser Tage die letzten aktiven Exemplare des Jagdbombers A-7 "Corsair II" des US-Herstellers Vought ausgemustert - und zwar von der griechischen Luftwaffe.

Weitgehend sang- und klanglos ist dieser Tage ein einigermaßen berühmtes Kampfflugzeug von der Weltbühne abgetreten: die A-7 "Corsair II" des früheren texanischen Herstellers Ling-Temco-Vought. Der Mitte der 1960er in den USA zuerst bei der Navy eingeführte, von der Gestalt her überaus charakteristische Jagdbomber war zuletzt nur noch bei der griechischen Luftwaffe im Einsatz. Und dort, auf der Luftwaffenbasis Araxos nahe Patras im Nordwesten des Peloponnes, wurden die letzten 17 Corsairs just am 17. Oktober feierlich ausgemustert.

Griechenland hatte in den 1970ern und noch einmal Anfang der 1990er insgesamt 133 Corsairs erworben und wurde so am Ende zum größten Nutzer dieser bulligen Jets mit ihrem auffälligen, froschmaulartigen Triebwerkseinlaß. Zuletzt flogen die "Korsaren" noch in der 336. Staffel der hellenischen Luftwaffe, diese Staffel wird nun auf F-16 "Fighting Falcons" umgestellt.

Die Corsair II ist bzw. war eines der wenigen Kampfflugzeuge, die ihre Diensteinführung noch in den 1960er-Jahren - US-Präsident war konkret Lyndon B. Johnson (1963-69) - erlebt hatten. Sie ging auf die Forderung der US-Marine nach einem leichten, bloß unterschallschnellen einsitzigen Angriffsflugzeug bzw. Jagdbomber als Ersatz für die A-4 "Skyhawk" von Douglas zurück. Die neuen Jets sollten ihre Waffenlast besonders präzise ins Ziel bringen können und aus Kostengründen aus bestehenden Modellen weiterentwickelt werden.

Produkt eines Firmenkonglomerats

Mehrere Unternehmen bewarben sich, am Ende gewann das Konzept von Ling-Temco-Vought (LTV) - das war ein Mischkonzern mit Sitz Dallas, der nicht nur in Rüstung und Luftfahrt, sondern auch etwa in den Feldern Pharmazie und Fleischverarbeitung aktiv war und der anno 2000 in Konkurs ging. Der eigentliche Flugzeugbauer in LTV war Vought, eine 1917 in New York gegründete Firma, seit 2010 Teil der "Triumph Group" mit Sitz in Pennsylvania. Schon seit den 1990ern ist Vought nur noch Zulieferer von Flugzeugteilen, vor allem für Boeing und Airbus.

LTV baute den von der Marine gewünschten Angriffsjet auf Basis der F-8 "Crusader": Diese war primär ein Marine-Jäger, seit 1957 im Einsatz und sah der Corsair II zum Verwechseln ähnlich. Letztere betrat damals in einiger Hinsicht Neuland: So war sie eines der ersten Flugzeuge mit Head-up-Display, also jenem Anzeigesystem im Cockpit, bei dem, einfach gesagt, Zustandsdaten des Flugzeugs, Radarbilder und ähnliches mit Licht auf eine durchsichtige Glasscheibe im Sichtfeld des Piloten projiziert werden, sodass die Daten sozusagen vor ihm und der Außenwelt "schweben" und er nicht nach unten auf Instrumente blicken muss. Ziemlich neuartig waren etwa auch spezielle Datenlinkverbindungen zu Bodenstationen und das Trägheitsnavigationssystem.

Zwei ganz
Zwei ganz "frische" A-7A anno 1967 in Lemoore, Kalifornien US Navy Museum of Naval Aviation

1967 wurde die Corsair in der Navy eingeführt. In ihrer Grundversion A-7A war sie 14 Meter lang, hatte eine Nutzlast von theoretisch 6,8 Tonnen, zwei Maschinenkanonen Kaliber 20 mm und eine Höchstgeschwindigkeit von knapp unter 1100 km/h bei einer Reichweite von etwa 2000 Kilometer. Ihr Treibstoffverbrauch bei identer Schubleistung war viel kleiner als der vergleichbarer damaliger US-Jets, so betrug er etwa ein Drittel des Verbrauchs der F-4 "Phantom".

Etwas untermotorisiert

Bis 1971 wurden 27 Staffeln der US Navy auf die A-7 umgerüstet. Den Piloten gefiel, dass das Flugzeug sehr wendig, leicht zu fliegen, stabil und verlässlich war. Sie fanden es allerdings "untermotorisiert", und gerade bei feuchten Luftumgebungen, etwa in Südostasien, mussten sich voll beladene Corsairs sehr abmühen, um überhaupt auf nur etwa 800 km/h zu kommen. Zudem war das Bremsverhalten bei nasser Piste sehr schlecht. Nach etwa 200 erzeugten A-7A erhielten die Folgemodelle, etwa A-7B, immerhin stärkere Triebwerke.

Die Corsair wurde in der Version A-7D ab 1970 auch in der US Air Force als Jagdbomber zur Nahunterstützung von  Bodentruppen eingeführt, wenngleich gegen einigen Widerstand: Luftwaffen übernehmen nämlich vor allem aus Gründen von Stolz und Rivalität ungern Flugzeugtypen der Marine, und umgekehrt. Die Luftwaffen-Corsair erhielt unter anderem ein noch stärkeres Triebwerk, modernere Elektronik und eine sechsläufige 20-mm-Gatlingkanone mit doppelt so viel Munition wie bei der Navy-Version. Davon wurden etwa 460 Stück gebaut.

Corsairs auf der USS Oriskany, etwa 1971
Corsairs auf der USS Oriskany, etwa 1971US Navy/Scott Stricklin

Insgesamt entstanden 1569 Stück in zahlreichen Versionen, doch ihre Ära endete angesichts des Rüstungsdrucks des Kalten Kriegs verhältnismäßig rasch: Schon ab Mitte der 1970er, nach Ende des Vietnamkriegs, wurden die Corsairs schubweise der US Air National Guard übergeben, sozusagen der "Heimat-Luftwaffe" der USA, und verschwanden allmählich von der weltweiten Bühne. Die Air Force erhielt stattdessen nach und nach die schweren Schlachtflugzeuge A-10 "Thunderbolt" von Fairchild-Republic, die Flotte die F/A-18 "Hornet" von McDonnell Douglas. Die Air National Guard stellte Ende der 1980er auf die F-16 um, die letzten A-7 wurden dort, und in den USA insgesamt, 1993 ausgemustert.

Typischer "Vietnam-Bomber"

Die Hauptkampfgebiete des Flugzeugs, das von seinen Piloten nicht selten "hässlich" genannt wurde, waren in den 1960ern/70ern Vietnam und Kambodscha, wo insgesamt auch etwa 105 Jets verloren gingen. Sie waren enorm effektiv bei präziser Luftunterstützung im Feld und warfen auf Hanoi die zweitgrößte Bombenlast aller US-Jets ab, gleich nach dem Bomber B-52 "Stratofortress".

Navy-Corsairs über Vietnam, 1972
Navy-Corsairs über Vietnam, 1972US Navy

1983 flogen Navy-Corsairs Einsätze bei der Besetzung der karibischen Insel Grenada, wo eine marxistische Militärdiktatur ausgerufen worden war. Im selben Jahr gab es Einsätze im Rahmen der UN-Truppen im Libanon, eine A-7 wurde von syrischer Luftabwehr abgeschossen, der Pilot überlebte. Im Zuge der Krise zwischen den USA und Libyen 1986 feuerten Corsairs des Flugzeugträgers USS "America" Anti-Radar-Raketen vom Typ "HARM" gegen libysche Luftabwehrstellungen und nahmen beim schweren Luftangriff auf Tripolis und Bengasi (15. April 1986) unterstützend teil.

Abschiedeinsatz "Desert Storm"

Den letzten Kriegseinsatz flogen die alten Korsaren der Marine 1990/91 im Zuge der Operationen "Desert Shield" und "Desert Storm" nach der irakischen Besetzung Kuwaits und der Rückeroberung des Golfstaates durch eine internationale Koalition.

Drei A-7E von der 72. Staffel über der USS USS Dwight D. Eisenhower im Mittelmeer, August 1988.
Drei A-7E von der 72. Staffel über der USS USS Dwight D. Eisenhower im Mittelmeer, August 1988.US Navy

Ins Ausland exportiert wurden nicht viele Maschinen, und nicht alle davon waren Neubauten, sondern gebraucht. Abgesehen von Griechenland flog die Corsair sonst nur noch in Portugal (50 Stück, 1981 bis 1999), während Thailand noch Mitte der 1990er-Jahre 18 gebrauchte Jets erwarb, aber mittlerweile eingemottet hat. Exporte nach Pakistan und in die Schweiz kamen nicht zustande.

Griechische Corsairs über Athen
Griechische Corsairs über Athenwww.militaryimages.net

Ihren Namen leiteten diese Flugzeuge übrigens von der Vought F4U "Corsair" ab, dem weit legendäreren  Trägerkampfflugzeug des Zweiten Weltkriegs, das die meisten Flieger der Japaner deklassierte. Davon wurden zwischen 1942 und 1953 etwa 12.500 Stück gebaut, und die schnellste Version schaffte (ohne Nutzlast) immerhin eindrucksvolle etwa 730 km/h.

Der letzte Luftkampf der Propeller-Ära

Exemplare dieses schwer bewaffneten und enorm wendigen Propellerflugzeugs kamen sogar noch im Juli 1969 (!) zum Kriegseinsatz: Im "Fußballkrieg" zwischen El Salvador und Honduras, wo Corsairs beider Länder Luftangriffe flogen. Im Zuge des viertägigen Krieges, der etwa 2000 Todesopfer forderte, gab es dabei auch die bisher letzten Luftkämpfe zwischen Propellerflugzeugen überhaupt.

Corsairs des Zweiten Weltkriegs auf Majuro (Marshall-Islands)
Corsairs des Zweiten Weltkriegs auf Majuro (Marshall-Islands)US Navy
Hier über dem Träger USS Boxer während des Koreakriegs (1950-53)
Hier über dem Träger USS Boxer während des Koreakriegs (1950-53)US navy

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