Vereinte Nationen: Serbien verspürt Oberwasser im Kosovo-Streit

(c) REUTERS (HAZIR REKA)
  • Drucken

UNO dürfte der Anrufung des IGH zum Kosovo Zustimmung geben.

BELGRAD.Die Würfel im Streit um Kosovo sind mit dessen Unabhängigkeit zwar gefallen. Doch kampflos gibt sich das Exmutterland Serbien keineswegs geschlagen. Belgrad winkt im Streit um die verlorene Exprovinz nun sogar ein Etappensieg: Vermutlich wird die UNO der geforderten Anrufung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) zustimmen.

Selbst Kosovos Chefdiplomat schließt einen Erfolg Serbiens vor der UNO heute, Mittwoch, nicht mehr aus. Serbiens Antrag, vom IGH die Rechtmäßigkeit der Unabhängigkeit der Exprovinz überprüfen zu lassen, dürfte die Vollversammlung passieren, bestätigt Kosovo-Außenminister Skender Hyseni. Dennoch werde sich die Resolution nicht als Stolperstein erweisen: „Es werden noch viele Staaten Kosovo anerkennen.“

Bis jetzt hält sich deren Zahl in Grenzen. Erst 47 der 192 UN-Mitglieder haben den seit Februar unabhängigen Staatenneuling bisher anerkannt – darunter 21 Staaten der EU. Die Opposition in Kosovo wirft der heimischen Diplomatie denn auch mangelhafte Lobby-Anstrengungen vor.

Mit der angestrebten Anrufung des IGH hofft wiederum Serbien den schleppend angelaufenen Anerkennungsprozess noch stärker abbremsen zu können. Sollte der IGH die Unabhängigkeit des Kosovo für völkerrechtswidrig erklären, würden „einige Staaten“ deren Anerkennung „revidieren“, verkündet hoffnungsfroh Serbiens Außenminister Vuk Jeremic.

Fürs eigene Publikum gedacht

Tatsächlich aber ist sich auch Serbiens Regierung bewusst, dass die frühere Provinz wohl unwiderruflich verloren ist. Der Windmühlenkampf ist vor allem für das heimische Publikum gedacht. Mit der angestrebten Anrufung des IGH könnte Serbiens Regierung die auch für Belgrad eher lästige Kosovo-Frage vorläufig vom tagesaktuellen Tisch wischen – und in den langsam mahlenden Mühlen der internationalen Justiz verschwinden lassen. Denn der IGH pflegt erfahrungsgemäß eher Jahre als Monate über seine Aussprüche zu brüten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.