Nordostasien: Nordkorea schottet sich weiter ab

(c) EPA (Adrian Bradshaw)
  • Drucken

Jetzt treibt das stalinistische Regime in Pjöngjang die freiwillige Selbstisolierung auf eine neue Spitze: die wichtigste Verbindung nach China wird geschlossen, bald auch nach Südkorea.

Peking/Pjöngjang.Nordkorea war schon bisher eines der am stärksten abgeschotteten Länder der Welt. Doch jetzt treibt das stalinistische Regime in Pjöngjang die freiwillige Selbstisolierung auf eine neue Spitze: Ausgerechnet der Reiseverkehr mit China, dem wichtigsten seiner wenigen Verbündeten, wurde eingeschränkt. Wie erst jetzt bekannt wurde, schloss Nordkorea bereits im Oktober den wichtigsten Grenzübergang. Die Flugverbindungen bleiben aber vorerst aufrecht.

Auch zwischen den beiden koreanischen Staaten wird das Klima frostiger: Nordkorea will den Landweg über die scharf bewachte Grenze ab 1. Dezember vollständig sperren. Begründung: Südkorea habe Vereinbarungen missachtet und damit die Konfrontation „in die Gefahrenzone“ getrieben. Die Erklärung kommt zu einer Zeit, in der allerorten Spekulationen über eine mögliche schwere Erkrankung des nordkoreanischen Führers Kim Jong Il blühen.

Kim verärgert über Ballons

Zudem ist das Verhältnis zwischen den beiden Korea seit dem Amtsantritt des konservativen Präsidenten Lee Myung Bak in Seoul im Frühjahr stark getrübt. Lee hat die wirtschaftlichen Hilfen an den Norden stark eingeschränkt. Außerdem erlaubt er, dass südkoreanische Aktivisten Ballons mit Flugblättern über die Grenze fliegen lassen. Darin sollen die Landsleute im Norden über die Leiden der politischen Gefangenen in den Straflagern und über die schlechte Gesundheit Kims informiert werden. Solche Themen sind im Norden absolut tabu. Lees Vorgänger Roh hatte derartige Aktionen verboten.

Falls der Norden die Drohung wahr macht, wird der mühsam ausgehandelte kleine Grenzverkehr über die Demarkationslinie am 38. Breitengrad, die das Land seit dem Koreakrieg (1950–53) teilt, gestoppt: Die in der nordkoreanischen Industriezone Kaes?ng produzierten Waren könnten nicht mehr in den Süden gelangen, südkoreanische Touristen nicht mehr in die alte Kaiserstadt reisen.

Sperre trifft Nordkoreaner

Leidtragende wären die Nordkoreaner selbst. Rund 100.000 Touristen aus dem Süden haben in den vergangenen Monaten dringend benötigte Devisen über die Grenze getragen. Zudem arbeiten in etwa 80 südkoreanischen Betrieben des Kaes?ng-Industrieparks rund 35.000 nordkoreanische Arbeiterinnen, die monatlich etwa 60 US-Dollar verdienen.

Unklar bleibt, ob die angekündigte Schließung der Grenze nur eine Warnung an den Süden ist, um politische Zugeständnisse von Präsident Lee zu erzwingen, oder ob mehr dahinter steckt. Offen ist auch, warum der 1. Dezember als Termin gewählt wurde.

Auch an einer weiteren Front schaltet Pjöngjang auf stur: Das Regime kündigte an, dass Proben, die internationale Inspektoren in nordkoreanischen Atomanlagen nehmen, nicht zur Untersuchung außer Landes gebracht werden dürfen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.11.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.