Kosovo: Drei Deutsche mit Geheimdienst-Ausweisen in U-Haft

Ermittelt wird angeblich wegen des Anschlags auf das Hauptquartier der EU-Mission in Pristina.
Ermittelt wird angeblich wegen des Anschlags auf das Hauptquartier der EU-Mission in Pristina.(c) EPA (VALDRIN XHEMAJ)
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Die drei werden offenbar für einen Anschlag auf das Hauptquartier der EU-Mission verantwortlich gemacht. Vom deutschen Auslands-Geheimdienst gibt es bisher keine Reaktion.

Drei nach einem Sprengstoffanschlag auf die EU-Vertretung in der Kosovo-Hauptstadt Pristina festgenommenen Deutsche müssen für 30 Tage in Untersuchungshaft. Bei ihnen seien Ausweise und Dokumente des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) sichergestellt worden, zitierten Zeitungen am Sonntag in Pristina Adem Ademi, den Anwalt eines der Tatverdächtigen.

Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Männern im Alter zwischen 41 und 47 Jahren "Terrorismus" und "Verbindungen zu einem namentlich nicht genannten Nachrichtendienst" vor, sagte Ademi der Deutschen Presse-Agentur dpa. Alle drei haben angeblich ihre Unschuld beteuert.

Behinderung der Rechtsstaatsmission EULEX

Das Motiv ihrer Tätigkeit soll die "Behinderung" des Einsatzes der EU-Rechtsstaatsmission EULEX gewesen sein, so die Staatsanwaltschaft. Brüssel will mit der EULEX-Mission rund 2000 Polizisten, Richter, Zöllner und Verwaltungsfachleute in das fast nur noch von Albanern bewohnte Kosovo bringen, um beim Aufbau zu helfen.

Die drei Männer arbeiteten für die Firma "Logistic Coordination Assessments Services", einem Investment-Berater für deutsche Unternehmen im Kosovo. Die Firma diente als Basis des deutschen Geheimdienstes BND im jüngsten europäischen Staat, bestätigten gut informierte Quellen der dpa. Die Verdächtigen seien nach drei früheren Anschlägen auf internationale Vertretungen in Pristina, bei denen es zu Sachschäden kam, vom Kosovo-Sicherheitsdienst über eineinhalb Jahre lang beschattet worden.

Die bisherigen Ermittlungen ergaben, dass alle drei Anschläge auf die UNO-Mission, das Kosovo-Parlament und die Vertretung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sehr ähnlich gewesen seien und dass der Sprengstoff (TNT) und die Zünder die gleichen waren, schrieb die Zeitung "Koha Ditore" am Sonntag in Pristina.

Kein Kommentar vom BND


In Berlin wurde die Festnahme der Geheimdienstangehörigen bisher nicht bestätigt. Vom BND hieß es, es werde auch in den kommenden Tagen keine Kommentare in dieser Angelegenheit geben. Das Außenministerium bestätigte lediglich, dass drei Deutsche in Pristina festgenommen worden seien.

Lediglich Tatort inspiziert?


Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete am Wochenende, die Festgenommenen beteuerten, lediglich den Tatort des Anschlags inspiziert zu haben. Einer von ihnen sei beobachtet worden, wie er in ein leeres Nachbargebäude einstieg, von dem aus offenbar der Sprengsatz geworfen worden war. Der Agent habe von dort aus ein beim Anschlag beschädigtes Büro fotografiert. Er und seine beiden Begleiter seien daraufhin am Mittwoch festgenommen worden.

Diplomatische Verwicklungen


Der Arrest führte laut "Spiegel" zu diplomatischen Verwicklungen zwischen dem Auswärtigen Amt in Berlin und der Regierung in Pristina. Grund sei die offenbar nicht offiziell angemeldete Tätigkeit der deutschen Agenten im Kosovo. Üblicherweise würden Staaten die Residenten ihres Geheimdienstes bei der Regierung des Gastlandes akkreditieren, damit die Beamten diplomatische Immunität genießen. In diesem Fall habe BND-Präsident Ernst Uhrlau darauf verzichtet. Die Oppositionsparteien FDP und Grüne forderten eine umgehende Aufklärung der Affäre im zuständigen Geheimdienst-Kontrollgremium des Berliner Parlaments (PKG).

(APA)

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