„Entscheidende Schlacht“ in Bangkok

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Regime-Gegner feuern auf Regierungs-Treue und legen den Flughafen lahm. Die Behörden sprechen von insgesamt 19 Verletzten.

Bangkok. Es geschah am späten Nachmittag in Bangkok: Schüsse hallten durch die breite, viel befahrene Straße zum alten Flughafen Don Muang. Das thailändische Fernsehen zeigte Bilder von Regierungsanhängern, die Steine auf Lastwagen warfen. Drinnen saßen ihre Erzrivalen: Regierungskritiker und Unterstützer der sogenannten „Volksallianz für Demokratie“. Wachen der selbst ernannten Volksallianz feuerten daraufhin Schüsse ab.

Die Behörden sprechen von insgesamt 19 Verletzten, zwei davon wurden durch Pistolenschüsse verwundet. Und dann überschlugen sich die Ereignisse: Die Volksallianz hatte nach einem Handgemenge mit der Polizei das Hauptterminal des internationalen Flughafens Suvarnabhumi lahmgelegt. Dieser wurde dann bis auf Weiteres geschlossen, wie Flughafenchef Serirat Prasutanont erklärte. Landende Flugzeuge würden derzeit noch abgefertigt, hieß es. Sollte sich die Lage verschlimmern, müssten diese allerdings auf andere regionale Flughäfen umgeleitet werden.

Gewalt und Chaos sind traurige Höhepunkte einer Konfrontation, die bereits seit Monaten gärt: Am Wochenende erst hatten die Anführer der sogenannten „Volksallianz für Demokratie“ (PAD), darunter ein ultranationalistischer Medienmogul sowie ein Exgeneral, zur „letzten Entscheidungsschlacht“ aufgerufen, um die in ihren Augen unpopuläre Regierung zu stürzen. Am frühen Montagmorgen marschierten sie los in Richtung Parlament. Die Polizei bekam die Anweisung, sich zurückzuziehen. Es gab kein Gerangel, keine Gewalt. Bis zu 20.000 Anhänger der PAD umzingelten das Parlamentsgelände und verhinderten so eine für diesen Tag angesetzte Plenarsitzung.

Opposition der Elite

Die PAD, eine außerparlamentarische Opposition, hält die Regierung für eine Marionette des 2006 vom Militär entmachteten Thaksin Shinawatra, zumal der jetzige Premier Somchai Wongsawat auch noch ein Schwager Thaksins ist. „Wir haben genug von korrupten Politikern, wir wollen ein sauberes System“, so eine Demonstrantin. Sie betont, es sei ein friedlicher Protest. Allerdings räumt sie ein, dass die Wachleute der PAD bewaffnet sind: „Aber nur, um uns vor der Polizei zu beschützen.“

Kurze Zeit später kam die nächste Anweisung der PAD-Führung: weg vom Parlament, hin zum Polizeihauptquartier und zum alten Flughafen Don Muang. Der dient der Somchai-Regierung als Arbeitsplatz, seitdem die PAD in einer spektakulären Aktion Ende August den Regierungssitz besetzt hatte.

Was die Unterstützer für einen cleveren Schachzug halten, bezeichnen Kritiker als Aushöhlung des demokratischen Systems. Denn die „Volksallianz für Demokratie“ gilt als höchst umstritten. Hinter ihr steht eine alteingesessene Elite aus Militärs, Aristokraten, Technokraten und Geschäftsleuten – eben die urbane Elite Thailands. Der Oppositionsbewegung geht es um Machterhalt und um die Abrechnung mit politischen Rivalen. Insbesondere mit Expremier Thaksin Shinawatra, der erst kürzlich seinen politischen Feinden gedroht hat, er werde aus dem Exil in die Politik zurückkehren. Thaksin war durch die Stimmen der armen Reisbauern im Norden und Nordosten an die Macht gekommen. Doch genau dieser jahrelang vernachlässigten Klientel spricht die PAD die politische Mündigkeit ab.

Für Kritiker aber ist die Volksallianz alles andere als eine Volksorganisation: „Sie wird von den Reichen finanziert“, sagt der Politikwissenschaftler Giles Ungpakorn. „Die Strategie ihrer Führung ist es, Chaos zu schaffen.“

Armeechef Anupong Paochinda erklärte indes, ein Militärputsch komme weiterhin nicht in Frage. Aufgabe des Militärs sei es, Zusammenstöße zwischen den beiden rivalisierenden Gruppen und Anarchie zu verhindern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2008)

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